: Betroffenheit und offene Fragen
KINDERSCHUTZ Parlament debattiert über Tod der zweijährigen Zoe. Opposition hält Jugendämter für überlastet. Senatorin Scheeres verteidigt Netzwerk
Von der Opposition war im Abgeordnetenhaus ein Spagat gefordert. Wie der Regierung bei der Debatte über den Tod des Mädchens Zoe Versäumnisse beim Kinderschutz vorwerfen, ohne sich den Vorwurf einzuhandeln, das Schicksal der Zweijährigen parteipolitisch auszuschlachten? Der Spagat gelang: Grüne, Linkspartei und Piraten sprachen ohne Schaum vor dem Mund und führten doch kritische Punkte auf. Ihr Tenor: Zu wenig Personal in den Jugendämtern bei immer mehr Aufgaben einerseits und Haushaltskürzungen andererseits.
Die Zweijährige war in der vorigen Woche an einer Bauchfellentzündung nach einem Darmriss gestorben. Der Staatsanwaltschaft zufolge gab es Hinweise auf äußere Gewalt im Bauchbereich. Ihre Mutter war mit ihren vier Kinder von einem Familienhelfer betreut worden.
„Es fehlt nicht an Regeln und Verfahren, sondern an Rahmenbedingungen, diese auch umsetzen zu können“, kritisierte die Grünen-Abgeordnete Marianne Burkert-Eulitz. Sozialarbeiter stünden in Berlin heute vor einer kaum leistbaren Aufgabe. Sie hielt dem rot-schwarzen Senat vor, dass vorbeugende Maßnahmen immer oben auf der Streichliste stehen würden, wenn es um Kürzungen ginge. Dabei sei es gerade notwendig, Richtung Prävention umzusteuern.
„Hier hat auch die Zivilgesellschaft versagt“, sagte Katrin Möller (Linkspartei), die soziale Kontrolle habe gefehlt. „Was nicht geht, ist, dass wir die alleinige Verantwortung auf das Jugendamt abwälzen.“ Richtig sauer werde sie allerdings, wenn sie in Anträgen von SPD und CDU von „Flexibilisierung und Optimierung“ lese. Sie sei zwar hundertprozentig für den effizienten Einsatz von Mitteln, sagte Möller. Doch: „Der Abbau von Strukturen in den Bezirken muss endlich ein Ende haben.“
Susanne Graf (Piraten) hielt es für falsch, dass Familiensenatorin Sandra Scheeres (SPD) sage, man müsse gucken, was in diesem Fall falsch gelaufen sei. „Wir müssen gucken, was immer falsch läuft.“ Sie wolle aber statt auf Überwachung auf eine Kultur des Vertrauens setzen.
Senatorin Scheeres hingegen verteidigte das „Netzwerk Kinderschutz“ im Land, durch das Berlin bundesweit beim Kinderschutz führend sei. Unter anderem wies sie auf Besuche bei Neugeborenen, verbindliche Einladungen zu den Vorsorgeuntersuchungen und die Hotline des Krisendienstes Kinderschutz unter der Nummer 55555 hin. Ihr Fazit: „Berlin hat hier nichts versäumt, sondern im Gegenteil viel getan.“ STEFAN ALBERTI