Zurück zu den Wurzeln
Mit einer Aktionswoche wollen linke Gruppen Menschen erreichen, die mit 1.-Mai-Demos nichts anfangen können
Es gibt sie immer noch, die Demonstrationen gegen Hartz IV – auch wenn sie nicht mehr nur am Montag stattfinden. Gestern Mittag zogen GegnerInnen der so genannten Agenda 2010 von der Neuköllner Arbeitsagentur zum Rathaus des Bezirks. Dort hatten sich etwa 200 Menschen eingefunden, die auch gegen den Neuköllner Bürgermeister Heinz Buschkowsky protestierten. Der hatte in einem Interview mit der neurechten Wochenzeitung Junge Freiheit gegen AntirassistInnen gewettert und will nach einer allgemeinen Entschuldigung im Amt bleiben.
Die Demonstration wurde von Stadtteil-Erwerbslosen und Antirassismusgruppen organisiert und war Teil einer berlinweiten „Aktionswoche für sozialen Widerstand“ mit dem Titel Maisteine05. Sie hatte am vergangenen Samstag in Friedrichshain begonnen. Dort hatte eine Stadtteilinitiative gemeinsam mit linken Gruppen auf dem Boxhagener Platz gegen „Yuppiesierung“ des Bezirks, Fahrpreiserhöhungen der BVG und andere soziale Probleme protestiert.
Zuvor hatten vor zwei Lidl-Filialen in Friedrichshain AktivistInnen in roten Kapuzenpullovern der „Überflüssigen“ für Aufsehen gesorgt. „Lidl zur Hölle“, konnten erstaunte KundInnen auf Schildern der Gruppe lesen. In Redebeiträgen wurden die von der Gewerkschaft Verdi in einem „Lidl-Schwarzbuch“ bekannt gewordenen schlechten Arbeitsbedingungen bei der Lebensmittelkette benannt.
Noch bis zum 30. April soll die Maisteine-Aktionswoche mit ähnlichen Aktionen in Berlin fortgesetzt werden. Der Abschluss soll am 30. April eine Walburgisnachtparty am Boxhagener Platz sein. Im vergangenen Jahr hatten linke Gruppen zum ersten Mal eine Maisteine-Aktionswoche organisiert. „Es geht uns darum, von sozialer Ausgrenzung und Ausbeutung Betroffene da anzusprechen, wo sie leben“, erklärt Claudia Steinle von der Maisteine-Pressegruppe. Man wolle Menschen erreichen, die aus politischen oder kulturellen Gründen keinen Bezug zu den Demonstrationen in Kreuzberg haben. Ein weiteres Ziel der Aktionswoche sei die Vernetzung aktiver Gruppen.
Trotz des friedlichen Verlaufs aller bisherigen Aktionen war die Polizei immer mit einem Großaufgebot vertreten. Wahrscheinlich haben bei der Berliner Polizeiführung schon bei dem Namen „Maisteine“ die Alarmglocken geklingelt. PETER NOWAK