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Archiv-Artikel

Das absehbare Ende

HYMNEN Whitney Houston stirbt in einem Hotel in Los Angeles. Sie wollte zur Grammy-Verleihung

WASHINGTON taz | „Traurig“ und „shocking“. Aber „nicht überraschend“. So lauteten die ersten Reaktionen auf den Tod von Whitney Houston am Samstagnachmittag in Los Angeles. Während Detektive im vierten Stock nach der Ursache des plötzlichen Todes der 48-Jährigen suchten, versammelten sich im selben Gebäude KollegInnen zu einer Party am Vorabend der Grammy-Zeremonie, derentwegen die Queen of Pop in dem Hotel war. Die Frau, die das Publikum in aller Welt zu Tränen rühren konnte, hat den Grammy sechsmal gewonnen und war 26-mal dafür nominiert.

Bei Bekanntwerden ihres Todes unterbrachen alle US-Nachrichtensender ihr Programm. Bis lange nach Mitternacht spielten sie Hits wie „I Am Every Woman“ und „I Will Always Love You“. Und arbeiteten an der Unsterblichmachung der Diva. Gleichzeitig wurde bekannt, dass Familienangehörige noch wenige Minuten vor Whitney Houstons Tod mit ihr gesprochen hatten und es ihr „gut“ gegangen sei.

„Sie ist eine der größten Stimmen in der Geschichte der Musik“, sagte der R&B Sänger Smokey Robinson an ihrem Todesabend. Und die Rapperin Mc Lyte nannte sie den „Soundtrack unserer Leben“. Clive Davis, der Mann, der Whitney Houston einst als 20-Jährige unter Plattenvertrag genommen hat, hielt an seiner Vor-Grammy-Party, an der sie nicht mehr teilnehmen konnte, fest. Zahlreiche Stars nutzten den Abend zu einer ersten Hommage. Auch Grammy-Veranstalter Ken Ehrlich sagte, dass Houston am Sonntag, dem eigentlichen Grammy-Abend, „respektvoll gewürdigt“ werde.

Whitney Houston hat in ihrer Karriere alle vorausgegangenen Erfolge der Popmusik übertroffen – die der Beatles inklusive. Ihre Interpretation der Nationalhymne beim Super Bowl des Jahres 1991 läuft bis heute in Stadien quer durch die USA zum Auftakt von Football- und Basketballspielen, obwohl jedes Jahr ein neuer Star seine Version der Hymne zum Super Bowl vorträgt. Zahlreiche Weltstars, wie Mariah Carey, Celine Dion und Christina Aguilera, bezeichnen Houston als ihr großes Vorbild.

Doch Houstons musikalischer Erfolg ist begleitet von einem komplizierten Privatleben. Es changiert zwischen Drogenmissbrauch und Entziehungskuren. Anfang des Jahrtausends verschwand Houston für lange Zeit von der Bühne – wegen ihrer öffentlichen Exzesse. Bei einem Interview mit der Fernsehjournalistin Diane Sawyer sprach sie mit kaum wiedererkennbarer Stimme von ihren „Problemen“. Sie versicherte, dass sie kein Crack nehme – weil das „billig“ und „scheiße“ sei –, nannte aber andere Drogen. 2009 versuchte sie ein Comeback. Doch bei ihrer Tournee durch die USA wurde Houston ausgebuht. Anschließend verschwand sie erneut in der Versenkung.

In den letzten Monaten glaubten Fans, dass es Whitney Houston wieder besser gehe. Sie war zu neuer Schönheit erblüht. Ging auf Partys. Und plante einen Film. Aber wer ihre Karriere und ihr Leben verfolgt hat, wusste, dass die Sängern mit sich kämpfte. Sie selbst hat einmal gesagt: „Ich bin selbst mein größter Teufel. Ich bin entweder meine beste Freundin oder meine größte Feindin.“ DOROTHEA HAHN