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Archiv-Artikel

LESERINNENBRIEFE

Wieder marktkompatibel

■ betr.: „Jetzt reicht’s Griechen! Genug gespart!“, „Griechenland im Teufelskreis“, taz vom 8. 2. 12

Der DAX hat es schon gestern angezeigt, Griechenland ist wieder marktkompatibel. Es kann dort wieder so günstig produziert werden wie zur Drachmen-Zeit. Mindestlöhne gehen um 22 % runter, die Reallöhne mindestens um 12 %, 150.000 Staatsbedienstete machen Platz für private Dienstleistungen und eine demokratisch legitimierte Regierung ist nicht in Sicht. Ackermann, übernehmen Sie!KAI BEIDERWELLEN, Speyer

Schrecken ohne Ende

■ betr.: „Spardiktat für Athen kann nicht funktionieren“, taz vom 11. 2. 12

Wenn doch die herrschenden Politiker sich endlich klar machen würden, dass sie für das Allgemeinwohl, auch das der künftigen Generationen – und nicht nur für das der Banken gewählt sind. Auch wenn es leider kein internationales Insolvenzrecht gibt, haben die Erfahrungen zum Beispiel in Argentinien gezeigt: Eine Staatspleite ist kein Zuckerschlecken, aber besser als ein Schrecken ohne Ende. Und das würde Europa mit dem Spardiktat bevorstehen. Selbst wenn es gelingen würde, einen Marshall-Plan für Griechenland durchzusetzen, die Voraussetzungen sind nicht vergleichbar mit Nachkriegsdeutschland. Heute befindet sich die Wirtschaft in einer Stagflation: Bei hoher Produktivität und niedrigem Konsumbedarf gelingen den Produzenten keine so umwerfenden Neuerungen, dass der „Markt“ wieder in Schwung käme.

Griechenland zeigt die Unausgewogenheit des kapitalistischen Systems. Die Regierung kann den Geldbesitzern nicht die angemessenen Beiträge für die Staatsausgaben und Staatsaufgaben abtrotzen. Solange Staaten – auch der unsere – es nicht schaffen, den sozialen Ausgleich zu organisieren, so lange funktionieren Spardiktate überhaupt nicht, weder in Griechenland noch anderswo. Aus den „Strukturanpassungsmaßnahmen“ des Internationalen Währungsfonds hätte man das längst gelernt haben können.

HEINRICH RUHEMANN, Darmstadt

Forschen ohne Tierversuche

■ betr.: „Boombranche Tierversuche“, taz vom 8. 2. 12

In diesem Artikel werden Argumente genannt, die den Nutzen von Tierversuchen anzweifeln. Es gibt mittlerweile viele ernstzunehmende Wissenschaftler, die sogar noch weiter gehen und pointiert formulieren: „Tierversuche sind schlechte Wissenschaft.“ (So z. B. den Verein „Ärzte gegen Tierversuche“.)

Die Gründe hierfür liegen in der mangelhaften Übertragbarkeit der Ergebnisse aus dem Tierversuch auf den Menschen. Es ist unumstritten, dass die Wirkung eines Medikaments schon innerhalb der Spezies Mensch von verschiedenen Faktoren wie Alter, Geschlecht, individueller Konstitution u. a. m. abhängig ist. Wie hoch muss erst die Schwankungsbreite der Wirkung zwischen so verschiedenen Spezies wie Mäusen und Menschen sein?

Die Haltung der Versuchstiere ist nicht artgerecht und die Manipulationen an den Versuchstieren werden unter künstlichen Laborbedingungen durchgeführt. Es ist davon auszugehen, dass der Einfluss von akutem und chronischem Stress die Ergebnisse des Versuchs beeinflusst, und das wiederum mindert ebenfalls die Übertragbarkeit.

Neben all den notwendigen wissenschaftsmethodischen Überlegungen stellt sich auch die Frage der Ethik. Wie können wir Tierversuche rechtfertigen? Hat die Spezies Mensch mehr Recht auf Leben und Gesundheit als alle anderen Lebewesen? Wenn ja, warum? Eigenschaften wie Klugheit oder die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe mit Grundrechten zu koppeln, ist fatal – das lehrt nicht nur die deutsche Geschichte. Ich möchte in einer Gesellschaft leben, die wissenschaftlich sinnvoll und ethisch vertretbar forscht und handelt – eine ohne Tierversuche. SIMONE TILLMANN, Witten

Grüne Politik jetzt?

■ betr.: „Die deutsche Industrie läuft einer Illusion hinterher“,taz vom 8. 2. 12

In dem Interview weist Reinhard Bütikofer in die Richtung, an der wir nicht vorbeikommen, gibt Stichworte dazu, wie „Ökodesign, was den ganzen Lebenszyklus eines Produktes betrachtet“, und stellt dies an die erste Stelle für unser Handeln – jetzt und nicht nur als Zukunftsmusik. Grüne Politik jetzt?

MARION ERNSTING, Steinhagen-Brockhagen