Dufte! Machens frei!

Hildesheims Ex-Oberbürgermeister Kurt Machens (CDU) muss weder in die Nervenklinik noch ins Gefängnis: Gericht erkennt kein strafbares Verhalten beim Gründer des Geld-stinkt-nicht-Vereins

aus Hildesheim Udo Wolff

Hildesheims Ex-Oberbürgermeister Kurt Machens (CDU) ist vom Verdacht der Bestechlichkeit und des Betrugs freigesprochen. Dieses Urteil fällte gestern die zweite große Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Hildesheim nach sechsmonatigem Prozess. Zugleich freigesprochen wurden die beiden Mitangeklagten Staudinger und Kremer, Vorstandsmitglieder der Hildesheimer Stadtwerke, der heutigen EVI-AG.

In der Urteilsbegründung führte der Vorsitzende Richter Harald Bachmann im bis auf den letzten Zuhörerplatz gefüllten Verhandlungssaal aus, Machens habe zwar in der Öffentlichkeit wiederholt die Unwahrheit gesagt und für dieses Verhalten keine überzeugende Erklärung geben können. Keiner der Anklagepunkte sei jedoch stichhaltig bewiesen worden. Unverhohlene Heiterkeitsbekundung löste im Gerichtssaal die Bemerkung Bachmanns aus, wer für Spendenbetrug einen Verein mit dem Namen pecunia non olet – zu Deutsch: Geld stinkt nicht – gründe, gehöre „nicht ins Gefängnis, sondern ins Landeskrankenhaus“. Diesen Eindruck würden die Angeklagten jedoch nicht vermitteln. Das Landeskrankenhaus ist die Hildesheimer Nervenklinik.

Auslöser des Verfahrens war eine Spende: Die Summe von einer Million Mark stellte das Konsortium Ruhrgas und Thüga im Jahr 2000 zur Verfügung. Empfänger war der – von Machens eigens zu diesem Zweck gegründete – Verein mit dem spektakulären Namen. Ihm gehörten nie mehr als die zu einer Gründung vorgeschriebenen sieben Mitglieder an, sämtlich Machens-Vertraute. Über die notwendige Registereintragung hinaus wurde die Gründung des „Pecunia non olet“-eV nicht publik gemacht. Laut Machens hatte der Konzern gebeten, um weitere Spendenanfragen zu vermeiden, die Gabe „nicht an die große Glocke zu hängen“.

Zeitnah hatten Ruhrgas und Thüga Anteile an den Hildesheimer Stadtwerken erworben. Deren Aufsichtratsvorsitzender: Oberbürgermeister Kurt Machens. Dessen Verteidiger beharrte darauf, dass er dort nicht als kommunaler Amtsträger, sondern in dieser privatrechtlichen Funktion gehandelt habe. Somit sei nicht Kommunal-, sondern Wirtschaftsstrafrecht anzuwenden.

In der Urteilsbegründung wies die Kammer auf den ungewöhnlichen Verlauf des Verfahrens hin, das von erbittertem politischem Streit und ebenso heftiger wie unberechtigter Kritik an der Staatsanwaltschaft begleitet gewesen sei. Deren Vertreter kündigte noch im Gericht an, die Urteilsbegründung aufmerksam auf eine mögliche Revision hin zu prüfen.

Direkt nach Sitzungsschluss war es im Verhandlungssaal zu Umarmungsszenen von Machens mit Familienmitgliedern gekommen. Vor Mikrofonen und Kameras kündigte er noch im Gerichtssaal an, spätestens zu Beginn der Sommerpause bekannt zu geben, ob er erneut als OB kandidieren werde. Er habe in der ganzen Zeit des Verfahrens seinen Kontakt zur Bevölkerung nicht verloren, wohl aber zu „gewissen „politischen Kreisen“. Machens hatte erst auf Drängen innerparteilicher Intim-Feinde – darunter der niedersächsische Finanzminister und langjährige Vorsitzende der CDU-Ratsfraktion in Hildesheim, Hartmut Möllring – sein Amt niedergelegt. Die CDU kündigte für den Fall einer Kandidatur bereits Machens Parteiausschluss an. Die lokale SPD betrachtet die Pläne hingegen in zwiespältig nervöser Hoffnung: Das Antreten des 50-Jährigen könnte die CDU-Mehrheit knacken, dem eigenen Kandidaten in die Stichwahl verhelfen. Allerdings: Machens gilt als sehr beliebt – nicht nur bei konservativen Wählern.

Überregionales Interesse hatte der Prozess durch die Zeugenverpflichtung hochrangiger Vertreter der Energiewirtschaft auf sich gezogen. So hatte unter anderem der inzwischen in Ruhestand getretene Vorstandsvorsitzende der Ruhrgas-AG Friedrich Späth ausgesagt – der mit e.on-ruhrgas Europas größten Energiekonzern schmiedete. Im Hildesheimer Zeugenstand berichtete Späth in abgeklärtem Plauderton, dass Spenden an die Vertragspartner branchenüblich seien. Zudem habe er sich bei der Zusammenkunft in einer gewissen Geberlaune befunden. Schließlich hatte er ja Geburtstag. Auf die Verwendung des Geldes habe man dann kein Auge mehr gehabt. Selbstverständlich sei es nicht in der Absicht irgendeiner Beeinflussung geflossen.