: Der heilige Franz der Schlachthöfe
SPD-Chef Franz Müntefering will keine osteuropäischen Billigarbeiter mehr auf deutschen Schlachthöfen. Also beschließt die rot-grüne Regierung die Ausweitung des Mindestlohns
BERLIN taz ■ Die Angst der deutschen Bevölkerung vor Billigarbeitern aus Osteuropa treibt die rot-grüne Regierung zum Handeln. Das Kabinett beschloss gestern Eckpunkte für die Ausweitung des so genannten Arbeitnehmerentsendegesetzes. Damit wird künftig für alle Wirtschaftsbranchen die Möglichkeit geschaffen, tarifliche Mindestlöhne zu vereinbaren – auch für ausländische Arbeitnehmer. Die treibende Kraft hinter dieser Initiative ist SPD-Chef Franz Müntefering. Er gab der Regierung die populistische Leitlinie gestern per Interview in Bild vor. „Es kann nicht sein, dass Billigarbeiter aus Osteuropa als Scheinselbstständige für Hungerlöhne auf deutschen Schlachthöfen arbeiten“, sagte Müntefering.
Der Vorstoß der Regierung kommt fast auf den Tag genau ein Jahr nach der Osterweiterung der EU am 1. Mai 2004. Eine gestern veröffentlichte Umfrage von Infratest zeigt, dass die mit der EU-Erweiterung verbundenen Sorgen und Ängste in Deutschland nach wie vor groß sind. Zwar sehen 42 Prozent der Deutschen die Bundesrepublik langfristig als Nutznießer dieser Entwicklung, 43 Prozent jedoch befürchten schädliche Folgen. Unter den skeptisch eingestellten Deutschen rechnen fast acht von zehn Deutschen mit kritischen Folgen der EU-Osterweiterung für die Wirtschaft. J. K.
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