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Archiv-Artikel

Studieren über die Gebühr

taz nrw vor Ort: Am Donnerstag diskutierten Wissenschaftler, Politiker und StudentInnen in Düsseldorf, ob Studiengebühren sinnvoll sind oder nicht. Die Positionen waren schnell klar: Die CDU will Gebühren, alle anderen angeblich nicht. Oder doch?

VON DIRK ECKERT

Studiengebühren, die niemandem weh tun – gibt‘s die? Die Urteile hätten bei der taz-Podiumsdiskussion am Donnerstagabend in der Düsseldorfer Heinrich-Heine-Universität nicht unterschiedlicher ausfallen können. „Nicht sozial, sondern eine bildungspolitische Fehlsteuerung“, nannte Torsten Bultmann vom Bund demokratischer WissenschaftlerInnen (BdWi) vor den rund 30 Zuhörern Gebühren jeder Art. „Nicht angenehm, aber auch nicht unsozial“, verteidigte der CDU-Landtagsabgeordnete Stefan Berger die allgemeinen Studiengebühren, die seine Partei bei einem Wahlsieg in NRW einführen will.

„Ich sehe keinen anderen Weg“, argumentierte Berger. Studiengebühren würden den Hochschulen Mehreinnahmen bringen, da sie nach dem CDU-Modell eigenständig bis zu 500 Euro pro Semester erheben dürften. Allerdings müsse das eingenommene Geld in voller Höhe an die Hochschulen gehen. Würde das Land gleichzeitig den Hochschulen die Mittel kürzen, „wäre dieses Modell ad absurdum geführt“, so Berger. „Mittel- und langfristig zieht sich der Staat aus der Finanzierung der Hochschulen zurück“, prophezeite indes Gebührenkritiker Bultmann.

Lukas Wallacher, Student an der Privatuni Witten/Herdecke, warb für das Modell seiner Uni, wo Gebühren nach dem Studium, also „nachgelagert“, und abhängig vom dann erzielten Einkommen bezahlt werden können. Dadurch könnten auch Kinder aus weniger gut betuchtem Elternhaus an der Privatuni studieren. Auch Berger bestritt, dass Studiengebühren vom Studium abschrecken: „Die Selektion findet vor der Uni statt.“ Da stimmte Christian Füller zu. Der taz-Redakteur nutzte seine Rolle als Moderator, das Gebührenmodell der taz zu bewerben, bei dem Studiengebühren von den Studierenden verwaltet und somit sozial gerecht gestaltet werden könnten.

Für Steffi Schröder vom AStA der Uni Münster war die soziale Auslese im Kindergarten jedoch eher ein Argument gegen Gebühren: „Fehler, die man im Kindergarten macht, muss man nicht nochmal an der Hochschule wiederholen.“ Torsten Bultmann bestritt vehement, dass das Modell Witten/Herdecke auf das ganze Land übertragbar sei. Die dortigen Studienbedingungen seien genau so wenig verallgemeinerbar wie die Berufschancen der Absolventen. Der SPD-Landtagsabgeordnete Karsten Rudolph warnte, nachgelagerte Studiengebühren würden Studierende in die Verschuldung treiben. Er sprach sich für ein gebührenfreies Erststudium aus.

Die SPD kam bei den Gebührengegnern freilich nicht besser weg als die CDU. Nicht das Erststudium sei in NRW gebührenfrei, sondern nur ein Teil davon, wurde Rudolph aus dem Publikum wegen der 2004 von SPD und Grünen eingeführten Gebühren für Langzeitstudierende korrigiert. Dadurch seien diejenigen aus der Uni gedrängt worden, die nur Teilzeit studieren konnten, ergänzte Steffi Schröder. „Diese Leute stehen jetzt ohne Abschluss auf der Straße.“