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Archiv-Artikel

Höllenlärm und Hexenspuk: Die Walpurgisnacht als Touristenspektakel

Im Harz ist in der Nacht zum 1. Mai wieder der Teufel los. Hexen kommen auf ihren Besen angeritten, Drachen verlassen ihre Höhlen, Trolle tummeln sich auf Straßen und Plätzen. In rund 30 Städten und Dörfern des Mittelgebirges ist die Walpurgisnacht von gespenstischen Umtrieben erfüllt.

In Schierke erscheinen auch die Elfen und ein Einhorn, der „Höllenkönig“ und die „Erdenmutter“, um Geister zu beschwören und ein „heiliges Feuer“ zu entzünden. Der Oberteufel höchstpersönlich ist in Stiege zu Gast. Hier können mutige Besucher auch den Führerschein auf dem Hexenbesen machen. In Hasselfelde gibt es zu „teuflischen Getränken“ einen “wilden Hexentanz ums das Fegefeuer“.

Am Besenbinden und Krötenknödelweitwurf können sich Besucher in Wolfshagen beteiligen. Das spektakulärste Walpurgis-Programm, so verspricht es der Harzer Verkehrs-Verband, findet aber auf dem sagenhaften Hexentanzplatz in Thale statt – „die mystische Kultstätte avanciert zum größten Hexenkessel des Harzes“.

Was seit einigen Jahrzehnten als Touristen-Event inszeniert wird, geht nach weit verbreiteter Ansicht auf uralte heidnische Bräuche und Aberglauben zurück. Dem Bonner Historikers Thomas Becker zufolge ist der Walpurgisnacht-Mythos allerdings erst im 17. Jahrhundert entstanden.

Früher sollen in der Walpurgisnacht die Hexen zum Brocken geritten sein, um sich dort am Feuer mit dem Teufel zu vergnügen. Unterwegs verhexten sie alles, was ihnen in die Quere kam.

Der Walpurgis-Kult hat aber auch christliche Ursprünge. So ist der 1. Mai einer von zwei Namenstagen der Volksheiligen Walpurga, die um 710 in England geboren wurde, eine Schwester der heiligen Brüder Willibald und Wunibald.

In den siebziger und achtziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts demonstrierten in der Walpurgisnacht Feministinnen für Frauenrechte. Und bis heute liefern sich Polizei und Autonome in Berlin an diesem Datum herzhafte Straßenschlachten, während zu den Walpurgisfeiern im Harz dieses Jahr mehr als 100.000 Gäste erwartet werden. Der Harzer Verkehrsverband hat dazu eine kleine Broschüre mit allen Terminen und Orten veröffentlicht (www.harzinfo.de). Reimar Paul