: Rettung mit vielen Fragezeichen
FINANZKRISE Die Eurogruppe will Griechenland mit neuen Milliarden helfen. Damit wird eine Pleite ver- hindert – viel mehr aber auch nicht
VON ERIC BONSE
BRÜSSEL taz | Nach einem erbitterten Streit mit Deutschland und anderen Geberländern darf Griechenland nun doch auf neue Milliardenhilfen hoffen. Gestern trafen sich in Brüssel die Finanzminister der Eurogruppe, um ein zweites Hilfprogramm zu beschließen. Es soll sich auf 130 Milliarden Euro belaufen und Athen vor der drohenden Pleite retten. Allerdings hatte Berlin zuletzt immer noch Vorbehalte gegen eine Freigabe der Mittel.
Es sei noch eine „Reihe von Einzelheiten“ zu klären, sagte Finanzminister Wolfgang Schäuble bei seiner Ankunft in Brüssel. Er sei jedoch „optimistisch“, dass es zu einer „einvernehmlichen Lösung“ komme.
Die Regierung in Athen braucht dringend frisches Geld. Am 20. März werden alte Schulden fällig, die sie ohne Hilfe von außen nicht begleichen kann. Das zweite, gestern verhandelte „Anpassungsprogramm“ enthält deshalb neben harten Sparauflagen bei den Renten und im Gesundheitswesen auch neue Notkredite. Die Finanzspritze, die mit Zinsen zurückgezahlt werden muss, soll 130 Milliarden Euro betragen. Außerdem sollen die privaten Gläubiger – Banken, Versicherungen, Hedgefonds – auf rund 100 Milliarden Euro verzichten.
Der Schuldenschnitt soll vom 8. bis 11. März über die Bühne gehen. Unklar ist, was passiert, wenn sich nicht genügend Anleger an diesem „Haircut“ beteiligen. Vermutlich müssten die Finanzminister dann erneut nachbessern.
Schon jetzt ist die Hilfe mit vielen Fragezeichen versehen. Denn die Rechnung der Euro-Retter geht nicht auf: 130 Milliarden Euro werden nicht reichen, sagte Österreichs Finanzministerin Maria Fekter. Es werde darüber gesprochen, „ob der Privatsektor noch ein bisschen mehr hilft“. Im Gespräch sei auch, ob „die Lücke durch nationale Notenbanken oder Europäische Zentralbank“ geschlossen wird.
Ein weiteres Problem ist die sogenannte Tragfähigkeit der Schulden. Bisher war geplant, dass Griechenland mit Hilfe der Eurozone bis 2020 den Schuldenstand von 160 Prozent auf 120 Prozent der Wirtschaftsleistung abbaut. Nach den jüngsten Berechnungen der internationalen Troika reichen die Hilfen aber nur zu einem Abbau auf 129 Prozent – zu wenig, um stabil zu werden.
Das größte Problem ist aber die Wirtschaftsentwicklung. Die Arbeitslosigkeit ist auf 20 Prozent hochgeschnellt. Viele Experten fürchten, dass der Sparkurs die Krise noch verschärfen wird. Zwar sind nun tief greifende Strukturreformen geplant; sie dürften aber erst in zwei bis drei Jahren wirken, wenn überhaupt.
Im Gegensatz zur Bevölkerung dürfen sich die Anleger freuen: Sie profitieren nicht nur vom größten Teil der geplanten Finanzhilfen. Sie können auch sicher sein, dass sie ihr Geld erhalten: Denn auf Drängen der Bundesregierung wird der Schuldendienst künftig über ein spezielles Sperrkonto abgewickelt – Athen kann darüber nicht mehr verfügen und büßt einen Großteil seiner budgetpolitischen Souveränität ein.