Mehr Frieden, weniger Effizienz

HARMONIE Röttgen und Rösler legen ihren Streit bei – vor allem durch weitreichende Zugeständnisse des Umweltministers

„Die starren Vorgaben der Kommission können wir nicht akzeptieren“

WIRTSCHAFTSMINISTER PHILIPP RÖSLER (FDP)

AUS BERLIN MALTE KREUTZFELDT

Endlich mal wieder gute Nachrichten, endlich mal kein Streit: Das Bemühen, diese Botschaften auszustrahlen, ist den beiden Ministern Norbert Röttgen (Umwelt, CDU) und Philipp Rösler (Wirtschaft, FDP) deutlich anzusehen, als sie am Donnerstag ihre Einigung auf eine gemeinsame Position zur Solarförderung und zur Energieeffizienz verkünden und zuvor synchron in jede Kamera lächeln.

In den letzten Monaten hatten sie wenig zu lachen. In Brüssel herrschte Ärger, weil sich Deutschland angesichts der gegensätzlichen Positionen der zuständigen Minister bei der wichtigen Frage der Effizienzrichtlinie enthielt; im Bundestag mussten sich Röttgen und Rösler in aktuellen Stunden ob ihrer gegenseitigen Blockade verhöhnen lassen.

Sieben DIN-A4-Seiten sollen diesen monatelangen Streit nun beilegen. Auf den ersten Blick haben darin beide Minister Zugeständnisse machen müssen: Der Ausbau der Solarenergie wird begrenzt, aber bei weitem nicht so stark wie von Rösler zuvor gefordert: Wie bereits am Vortag bekannt geworden war, sinken die staatlich vorgegebenen Vergütungssätze für Solarstrom statt um 15 Prozent zum 1. Juli nun schon zum 9. März, und zwar je nach Anlagengröße um 20 bis 29 Prozent; ab Mai sinken sie in monatlichen Schritten weiter, so dass der Abschlag bis zum Jahresende bei 25 bis 34 Prozent liegt. Zudem wird die Vergütung nur noch für 85 bis 90 Prozent des Stroms bezahlt; der Rest muss selbst verbraucht oder zum Marktpreis verkauft werden. Große Freiflächenanlagen über 10 Megawatt Leistung werden gar nicht mehr gefördert.

Einen festen Deckel, also eine absolute Beschränkung des Zubaus, wie zuvor von Rösler gefordert, gibt es nicht. Die Zielmarke bleibt mit 2.500 bis 3.500 Megawatt Neubau in den nächsten beiden Jahren gleich und sinkt dann ab. Wenn der reale Zubau davon abweicht, sollen die Vergütungssätze künftig ohne Gesetzesänderung per Verordnung geändert werden können.

Während Solarverbände die Branche durch die Zahlen akut bedroht sehen, wertete Röttgen den Kompromiss als „ausgewogen und vernünftig“. Die Fotovoltaik werde mit den geplanten Einschnitten „auf den Weg in den Markt“ gebracht.

Im Gegenzug gab der Umweltminister bei der Effizienzrichtlinie nach. Hier hatte Röttgen bisher den Kurs der EU-Kommission unterstützt, wonach Energieversorger zu verbindlichen Einsparungen von 1,5 Prozent im Jahr verpflichtet werden sollten. Nun verkündete Rösler zufrieden die neue Linie: „Die starren Vorgaben der Kommission können wir nicht akzeptieren.“ Die Bundesregierung fordert nun, dass die Einsparziele nicht für die Industrie, sondern für die jeweiligen Staaten gelten. Statt absoluter Einsparungen von 4,5 Prozent über drei Jahre soll auch eine Steigerung der Effizienz von 6,3 Prozent über drei Jahre möglich sein – was bei einem Wirtschaftswachstum von über 0,7 Prozent im Jahr eine faktische Aufweichung bedeutet. Zudem sollen auch „Maßnahmen aus der Vergangenheit“ angerechnet werden können – in welchem Umfang das möglich ist, ließen die Minister auf Nachfrage offen.

Die Opposition kann der neuen Einigkeit der Minister nichts abgewinnen. „Die Regierung opfert die Energiewende dem Koalitionsfrieden“, ätzte Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin. Doch auch aus den eigenen Reihen könnte es noch Widerstand geben. Ob die Pläne Bundestag und Bundesrat unverändert passieren, ist offen.

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