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Archiv-Artikel

Koalition pfeift auf Kanzlermehrheit

GRIECHENLAND Regierungsfraktionen rechnen mit Abweichlern, doch die Mehrheit fürs Rettungspaket im Bundestag ist sicher: Grüne und SPD wollen trotz Kritik am Verfahren zustimmen. Streit über Summe

BERLIN taz | Bekommt die Bundesregierung für ihre Europapolitik im Bundestag aus eigener Kraft eine absolute Mehrheit? Während die sogenannte Kanzlermehrheit bei vergangenen Abstimmungen über die Eurorettung noch zur Überlebensfrage für die Regierung erklärt wurde, hängen die Regierungsfraktionen diese Frage im Vorfeld der Griechenlandabstimmung bewusst niedrig. „Die Kanzlermehrheit ist irrelevant“, sagte der haushaltspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Norbert Barthle, am Freitag vor der Sitzung des Haushaltsausschusses. In seiner Fraktion rechne er nicht mit mehr Gegenstimmen als beim letzten Mal. Damals war die Kanzlermehrheit knapp erreicht worden. Ob es in der FDP mehr Gegner gibt als zuvor, ist unklar.

Eine Mehrheit für das neue Griechenlandpaket ist aber ohnehin gesichert, denn SPD und Grüne kündigten an, trotz einiger Kritik zuzustimmen. SPD-Haushälter Carsten Schneider kritisierte, dass die Unterlagen dem Ausschuss extrem kurzfristig zugeleitet wurden. Zudem warf er der Regierung vor, den wahren Umfang der Griechenlandhilfen zu verschleiern. Hintergrund dieses Vorwurfs ist, dass zusätzlich zu den beschlossenen 130 Milliarden aus dem zweiten Rettungspaket weitere 24 Milliarden aus dem ersten Paket übertragen werden. Für die Grünen kritisierte Priska Hinz, dass die vorgelegten Unterlagen unvollständig seien; zudem bezeichnete sie einige Annahmen als zu optimistisch. Dennoch stellten auch die Grünen eine Zustimmung in Aussicht.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble wies die Kritik der Opposition zurück. Durch die Übertragung der Restsumme aus dem ersten Griechenlandpaket an den Rettungsfonds EFSF „erhöht sich das Haftungsrisiko nicht – im Gegenteil“, sagte er.

Am Montag soll der Bundestag der Regierung in einer Sondersitzung zur Freigabe der Gelder ermächtigen. Zuvor gibt Kanzlerin Angela Merkel eine Regierungserklärung ab.

MALTE KREUTZFELDT