: Unerwartete Klänge
NEUE MUSIK Der experimentelle Gitarrist Leonid Soybelman trifft heute Abend auf den Pianisten Klemens Kaatz
VON ROBERT MATTHIES
Ein Pflichttermin für alle FreundInnen aktueller Musik. Zum ersten Mal seit zehn Jahren – seit seinem gefeierten Auftritt beim Ludwigslust-Festival für neue Musik – wird der experimentelle Gitarrist Leonid Soybelman in Hamburg ein Solokonzert spielen. Geboren in Moldawien, wurde Soybelman als Sänger und Gitarrist der estnischen Rockband „Ne Zhdali“ und der Hochenergie-Avant-Punker „Kletka Red“ bekannt. Seit zehn Jahren lebt und arbeitet er nun in Berlin als Sologitarrist unter anderem fürs Theater und für Filmproduktionen. Am bekannstesten ist dabei seine Filmmusik zum tschechischen Film „Štstí“, der das melancholische Leben vierer Freunde porträtiert, die gemeinsam im selben Wohnblock in einer ehemaligen Industriestadt im nördlichen Böhmen leben. Ein Film mit düsterer Kulisse, der Soybelman sein nicht minder dunkel-inniges Klangkleid verpasst hat.
Stilistisch bewegt sich Soybelman zwischen experimentellem Rock, Improvisation and traditioneller osteuropäischer Musik. Stets ist der Ausnahmegitarrist dabei auf der Suche nach neuen Klangmöglichkeiten. Das 1997 auf einer 4-Spur-Bandmaschine entstandene „Surfing In My Bed“ etwa dokumentiert eine dreijährige Phase, in der Soybelman ergründet hat, was eine mit Piezo versehene akustische Gitarre und ein kleiner Verstärker erzeugen können. Ausgangsmaterial waren all jene Geräusche, die ein unkonventioneller Umgang mit elektrischer Verstärkung zutage fördern kann. Hergestellt hat er daraus Geräusch-Konstruktionen, nicht unähnlich jenen des japanischen Noise-Technikers Merzbow – allerdings ganz ohne Effektgeräte. Je ein Stück war dabei einem anderen Gitarristen gewidmet, der Soybelman beeinflusst hat: Marc Ribot, Eugene Chadbourne und Otomo Yoshihide.
Aber nicht nur Unerhörtes aus Gitarre, Mikro und Verstärker gibt es heute Abend zu hören. Ebenfalls zu hören ist der Hamburger Pianist, Komponist, Elektro- und Improvisations-Musiker Klemens Kaatz. Der hat sein antikes Fender-Rhodes-Piano mit allerhand Werkzeug und Lötkolben wieder zum Leben erweckt und gibt Elektro-Experimente, 12-Ton-Rock, Volkstänze und Minimal-Musik zum Besten.
■ Sa, 8. 8., 20 Uhr, unlimited liability, Norderstraße 71