: Rotes Kreuz an Hilfe für Homs gehindert
SYRIEN Monatelange Belagerung hat ganze Wohnviertel ohne Medikamente, Öl und Lebensmittel gelassen. Die Armee der Regierung Assad schießt weiter auf Zivilisten. Oppositionelle sprechen von Massakern
BEIRUT rtr/dapd | Die Lage der Bevölkerung in der syrischen Oppositionshochburg Homs wird immer verzweifelter. Trotz wachsender internationaler Kritik haben die Regierungstruppen ihre Angriffe am Wochenende auf Homs und andere Orte des Landes ausgeweitet. Panzer beschossen die Stadt Kusair an der Grenze zum Libanon sowie Rastan nördlich von Homs, berichten Augenzeugen.
Die Armee hinderte das Rote Kreuz trotz offizieller Zusagen weiterhin daran, Hilfsgüter in das weitgehend zerstörte Stadtviertel Baba Amr zu bringen. „Wir machen uns sehr große Sorgen um die Menschen in Baba Amr“, sagte IKRK-Sprecher Saleh Dabbakeh am Sonntag.
Die monatelange Belagerung hat das Gebiet weitgehend von der Versorgung mit Öl, Lebensmitteln und Medikamenten abgeschnitten. Die Weigerung der örtlichen Truppen, dem Internationalen Komitee des Roten Kreuzes (IKRK) trotz der offiziellen Erlaubnis durch die Regierung Zugang zu gestatten, deuten Oppositionelle als Zeichen, dass die Helfer nicht Zeugen eines verübten Massakers werden sollten. Bisher konnten die Rotkreuz-Helfer nach eigenen Angaben nur damit beginnen, Hilfsgüter in dem Dorf Abel drei Kilometer entfernt von Homs auszuteilen. Geplant sei es, Lebensmittel, Decken und Medizin zumindest in die Nähe von Baba Amr zu bringen, um so aus dem Stadtteil geflohene Einwohner zu erreichen.
Die aus Homs entkommenen französischen Journalisten William Daniels und Edith Bouvier bezeichneten unterdessen den Angriff auf sie als gezielte Militäraktion. „Wir hatten das Gefühl, direkt attackiert zu werden“, sagten sie der Tageszeitung Le Figaro vom Samstag, für die beide arbeiten.
„Es gab mindestens fünf Explosionen in Folge“, sagten Daniels und Bouvier gegenüber der Zeitung. Am 22. Februar sei das als Pressezentrum der syrischen Opposition genutzte Haus, in dem sie sich zusammen mit anderen Kollegen aufgehalten hatten, bereits ab dem frühen Morgen beschossen worden.
„Die syrischen Aktivisten bei uns hatten solchen Bombardement schon viel erlebt und erkannten die Gefahr umgehend“, sagten die beiden Journalisten. Die Aktivisten hätten daraufhin zur sofortigen Flucht gedrängt.
Als Erste hätten die US-Journalistin Marie Colvin und der französische Kollege Rémi Ochlik das Gebäude verlassen. „Die Explosion war schrecklich, sie befanden sich praktisch auf dem Präsentierteller und waren sofort tot“, beschrieben Daniels und Bouvier die folgenden Ereignisse.
Die Französin wurde später verletzt und zusammen mit dem unversehrten Fotografen Daniels zunächst in ein provisorisches Krankenhaus und später in ein Haus im umkämpften Stadtteil Baba Amr gebracht.
Beide kehrten am späten Freitag nach Frankreich zurück. Die Leichname Colvins und Ochliks trafen am frühen Sonntag in Paris ein. Im Homs nahm die Armee am Samstag einen Wohnbezirk unter Beschuss, in den tausende Zivilisten geflohen waren, wie Aktivisten und Mitarbeiter von Hilfsorganisationen berichteten.
Das Syrische Netzwerk für Menschenrechte sprach von einem „reinen Racheakt“ der Soldaten, die mit Minenwerfern und Maschinengewehren auf den Bezirk Jobar feuerten. Der Stadtteil liegt neben Baba Amr. Aus dem Viertel selbst wurden von Aktivisten Hinrichtungen gemeldet. Von unabhängiger Seite konnte dies nicht überprüft werden.