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: Streben ins lukrative Europa

Die Dinge in der Fußball-Bundesliga sind weitgehend geklärt. Nur die gehobene Mittelklasse kämpft noch

Stünden nicht noch die Scharmützel um Podestplätze an, über die letzten zwei Spieltage der Bundesliga legte sich die Spannung eines nordkoreanischen Wahlabends. Ganz oben ist alles klar, nicht erst seit diesem Wochenende. Der FC Bayern stellt die Meisterschale wieder einmal in seine Vitrine, zum sechsten Mal in den vergangenen zehn Jahren. Und unten ist die Sache auch gelaufen. Zu den tasmaniesk aufspielenden Fußballfreunden aus Freiburg gesellen sich die glücklosen Bochumer und Rostocker, die sich gegen den Abstieg stemmten, aber von dieser Kraft schlichtweg überwältigt wurden. Die Miene Peter Neururers verriet, dass er sich in Geiselhaft dieser schicksalhaften Kräfte befand; ein Mann von der traurigen Gestalt stand da am Spielfeldrand. Mit Hansa Rostock verabschiedet sich das letzte Ostteam aus dem Oberhaus, was kein Grund zur Trauer ist, denn der Klub sieht sich in Liga zwei keinesfalls deplatziert. Die Gratwanderung der Hanseaten ist dieses Jahr eben schief gegangen. Verzagen muss keines der drei Teams: Der Abstieg ist schließlich kein Absturz. Für alle drei gilt: Sie müssen nur das magische Knöpfchen drücken – und schon öffnet sich die Fahrstuhltür nach oben.

Bleibt der Kampf der gehobenen Mittelklasse um lukrative Posten. Zu vergeben sind noch ein sicheres Plätzchen in der Champions League, eines, das über Umwege in die Eliteliga führen könnte, sowie ein paar Tickets für den Uefa-Cup. Schalke, Stuttgart, Hertha und wohl auch Bremen rechnen sich Chancen aus, im Kreis der Großklubs mitspielen zu können. Doch schaut man sich deren Ballkünste an, dann können die Bundesligateams froh sein, dass nicht Wertungsrichter der Uefa über die Teilnahme in der Königsklasse befinden, sondern dass man Fakten schaffen kann. Der Tabellenstand liefert eindeutig ein Plädoyer zugunsten der Prätendenten.

Schalke 04 murkst sich von Spieltag zu Spieltag. An Ailton arbeitet sich halb Gelsenkirchen ab. Ein Wunder, dass kleines, dickes Brasilianer trotzdem trifft. In Stuttgart greift Zuchtmeister Sammer zum Mittel der destruktiven Motivation und hat gleichfalls Glück, dass er sich auf Nationalstürmer Kuranyi verlassen kann. In der Hauptstadt entzündet Manager Dieter Hoeneß derweil ein neues Kerzlein vor dem Schrein Herthas und schickt sogleich ein Hosianna an übergeordnete Fußballinstanzen, frohlockt, dass ihm die Gnade der rechten Verpflichtung zuteil wurde und er da droben, also Fußballgott, Marcelinho in ein blauweißes Trikot gesteckt hat. Und er dankt, dass es nachsichtige Schiedsrichter gibt, Referees, die sich nicht zu schade sind, für unsere deutsche Fußballelite in Reserve Strafstöße zu pfeifen. Irgendwen müssen wir ja neben den Bayern nach Europa schicken. Oder? MARKUS VÖLKER