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Archiv-Artikel

Junge Grüne wollen auch an die Macht

Nachwuchsgrüne hoffen bei ihrem Bundeskongress auf einen Generationenwechsel – weg vom Mainstream

ERFURT taz ■ Die Grüne Jugend hat in der Mutterpartei eine treue Fangemeinde. Bei ihrem Bundeskongress in Erfurt am vergangenen Wochenende bekannte sich dazu auch Fraktionsvize Hans-Christian Ströbele: „Die Grüne Jugend vertritt eben nicht den politischen Mainstream, den ich so oft in der Fraktion feststellen muss.“

Zuvor hatte Ströbele auf dem Podium leidenschaftlich mit der Europaabgeordneten Angelika Beer zum Thema „Sieben Jahre rot-grüne Kriegspolitik“ diskutiert. Seine erprobten Anti-Gewalt-Argumente reichten aus, um die Nachwuchsgrünen zu begeistern. „Das gefällt mir alles sehr gut. Die Grüne Jugend hält an den Grundpfeilern grüner Politik fest“, sagte Ströbele.

Genau um diese Grundsätze wurde später auf dem Kongress gerungen. Als der Leitantrag „Global Peace – friedliche Welt im 21. Jahrhundert“ zur Diskussion gestellt wurde, standen sich zwei Lager gegenüber: Soll ein absoluter Gewaltverzicht in den Antrag aufgenommen werden? Oder soll die Grüne Jugend militärisches Eingreifen als letzte Möglichkeit künftig nicht ausschließen? Am Ende setzten sich die jungen Realos durch – bedingungsloser Pazifismus ist selbst bei der Grünen Jugend nicht mehr möglich. Einige Teilnehmer fühlten sich da an die Diskussion auf dem Bundesparteitag der Grünen 1998 zum Kriegseinsatz im Kosovo erinnert.

„Das ist Blödsinn“, sagte der Sprecher der Grünen Jugend, Stephan Schilling. „Damals ging es um einen konkreten Fall. Wir wollen heute eine Grundsatzentscheidung treffen.“ Über solche Sprüche freute sich die alte Fangemeinde. „Die Jungen schrecken nicht davor zurück, auch weitgehende Forderungen zustellen“, sagte Ströbele. „Ich habe da ein gutes Gefühl.“

Trotz aller Unterstützung aus der Mutterpartei hadert die Grüne Jugend damit, dass sie vom prominentesten Grünen nicht richtig wahrgenommen wird. „Joschka Fischer ist leider unserem Fanclub noch nicht beigetreten“, sagte Schilling. Da gebe es eine große Distanz, die aber politisch nicht begründet sei. „Wir sind ihm wohl einfach zu unwichtig.“

Trotzdem nehme die Partei mittlerweile vieles ernst, was aus dem Jugendverband an Vorschlägen eingebracht wird. Schilling gab sich kämpferisch: „Ich glaube, die Partei steht jetzt vor der Wahl, entweder eine Verjüngung anzugehen oder sie zu verschlafen. Das werden wir uns erkämpfen. Ich brauche keinen von oben protegierten Generationenwechsel.“ PHILIPP DUDEK