: Esther Slevogt betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen
Fernab von Berlin an einem Ort, der zu DDR-Zeiten den hübschen Namen Marxwalde trug und inzwischen längst wieder Neuhardenberg heißt, rollt an diesem Wochenende ein veritables Kulturgroßereignis auf uns zu. Volker Schlöndorff wird dort am Freitag nämlich seine Inszenierung von Lew Tolstois letztem, unvollendet gebliebenem autobiografischen Drama „Das Licht scheint in der Finsternis“ herausbringen. Und zwar als Koproduktion mit dem Staatlichen Museum Landgut Lew Tolstoi Jasnaja Poljana, das einst im 18. Jahrhundert vom Tolstois Großvater als Sitz der Grafen von Tolstoi erworben wurde, und wo Tolstoi 1828 geboren und 1910 begraben worden ist. In Jasnaja Poljana kommt die Inszenierung dann an Tolstois Geburtstag, dem 9. September, heraus. Die Umstände von Tolstois Tod waren dramatisch. Im Herbst hatte der exzentrische und von den Fragen seiner Zeit zerrissene russische Großschriftsteller Jasnaja Polanja verlassen, um künftig ein weder an Besitz noch an Ehe oder Familie gebundenes Leben zu führen. Kurz darauf starb der Zweiundachtzigjährige auf einer Bahnstation an Lungenentzündung. Ein Tod, der in Europa damals ein ungeheures Echo auslöste. Zum ersten Mal in der Geschichte war ein Schriftsteller Gegenstand eines Medienspektakels. Innere und äußere Umstände, die schließlich zu Tolstois radikaler wie tödlicher Entscheidung führten, nimmt er in seinem 1890 begonnenen Drama vorweg, hinter dessen Protagonisten Nikolai Iwanowitsch Saryznow sich deutlich erkennbar Lew Tolstoi höchstpersönlich verbirgt und den bei Schlöndorff nun Hans-Michael Rehberg spielt. Saryznows Frau Mascha ist Angela Winkler, die schon in Schlöndorffs 1980 mit dem Oscar ausgezeichneter Grass-Verfilmung „Die Blechtrommel“ spielte und 1975 seine Katharina Blum gewesen ist.
■ „Das Licht scheint in der Finsternis“ von Lew Tolstoi/ Inszenierung: Volker Schlöndorff, Stiftung Neuhardenberg, ab Fr., www.lew-tolstoi-eu