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Archiv-Artikel

Die Börse soll helfen

Hans Eichel will fantasievoll mit Forderungen auf den Finanzmarkt gehen. Das ist verdeckte Kreditaufnahme

Von UH

BERLIN taz ■ Defizite machen kreativ. Auch Experten staunen über den Einfallsreichtum, den das Finanzministerium entwickelt, um verkäufliche Vermögenstitel zu entdecken.

Zwar hielt sich Finanzminister Hans Eichel gestern zurück, wie er die Defizite im nächsten Jahr decken will. Aber die Operationen für das laufende Haushaltsjahr 2005 sind durchaus instruktiv. Insgesamt werden Privatisierungserlöse von 17,2 Milliarden Euro erwartet.

So verkauft der Bund erneut Aktien an Post und Telekom; rund 10 Milliarden Euro soll das bringen. Nun würde es den Kurs auf Sinkflug schicken, wenn große Mengen Post-und Telekomaktien an die Börsen gelangen. Also werden die Aktien bei der KfW „geparkt“. Die staatliche Bank stößt die Papiere dann portionsweise ab.

Doch Firmenbeteiligungen werden rar im Bundessortiment. Daher geht es zunehmend um Buchungswerte wie Forderungen an Dritte. Dabei werden die Konstruktionen immer komplizierter. Ein echter Hit: die Pensionsforderungen des Bundes an Post und Telekom. 2005 sollen sie 5,4 Milliarden Euro einbringen. Als Post und Telekom privatisiert wurden, verplichteten sie sich, teilweise für die Pensionen ihrer Exbeamten aufzukommen. Diese Forderungen will der Bund nun verbriefen und dann durch die amerikanische Investmentbank Morgan Stanley am Markt platzieren. Faktisch handelt es sich um eine verdeckte Kreditaufnahme, denn künftig muss der Bund die Pensionen ganz allein bezahlen.

Ähnlich kompliziert ist ein Plan, den Eichel 2006 verfolgen dürfte: Diesmal geht es um die Marshall-Plan-Gelder. Dieses ERP-Sondervermögen beträgt etwa 10 Milliarden Euro und wird genutzt, um Mittelstandskredite abzusichern. Sie belaufen sich momentan auf etwa 18 Milliarden Euro. Der Trick: Das ERP-Sondervermögen wird kaum angetastet – dort sollen nur 2 Milliarden Euro entnommen werden, wie Eichel gestern ankündigte. Noch unbestätigt, aber wahrscheinlich: Stattdessen dürfte sich der Finanzminister für die Forderungen interessieren und die 18 Milliarden Euro zu einem reduzierten Kurs am Markt platzieren. UH