schwabinger krawall: bioweißbierpraktikanten von MICHAEL SAILER
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Von einem Bioboom, sagt der Jackie nach dem fünften Bier, hat er noch nie was gehört und wolle er auch nichts hören. Ihm sei ein anständiger Leberkäse lieber als ein Körnerzeug, außerdem sei eine Wurst von Haus aus bio, nämlich aus Tieren hergestellt, die ursprünglich gelebt hätten. Der dicke Kerl von dem Eventheft hat sich noch einen Soave bestellt und gesagt, das sei kein Argument, zweitens nicht stichhaltig und drittens sowieso egal, weil er mit dem Bioboom als Aufmacher Anzeigenkunden an Land gezogen habe. Da könne er jetzt nicht behaupten, es gebe gar keinen Bioboom, bloß weil ihm so ein dummer Praktikant abgesprungen sei.

Er werde halt, sagt der Hubsi mit einem Grinsen, dem Praktikanten mal wieder kein Geld bezahlt haben. Man könne doch, sagt der dicke Kerl, einem Menschen kein Geld dafür bezahlen, dass er isst. Demnächst komme dann einer seiner Autoren daher und wolle Geld für seine Klatschspalte, dann dürfe er die Sauferei und irgendwelche Puffbesuche auch noch finanzieren.

Wie er sich das vorstelle, fragt der Jackie, der vom vielen Bier langsam einen Hunger kriegt. Das sei kinderleicht, sagt der dicke Kerl. Man müsse bloß hingehen in so Bioläden, sich was Tolles zu essen kaufen und aufschreiben, wie toll es sei. Das könne im Grunde jeder, aber er sei überzeugt, dass es niemand so gut könne wie der Jackie und der Hubsi. Der dicke Kerl hat sich zwei Pizzas bestellt, und der Jackie und der Hubsi sind losgezogen. Freilich war es halt früher Nachmittag, und im Reformhaus hat die Verkäuferin ein Beratungsgespräch mit einem Hinweis auf den bedenklichen Zustand der beiden verweigert. Sie könnten ja wiederkommen, wenn sie nüchtern seien.

Im zweiten Laden war die Schlange an der Kasse so lang, dass der Jackie sein Bioweißbier gleich getrunken und dann so laut gekoppert hat, dass eine Dame gefragt hat, wo man da überhaupt sei. Da hat der Jackie angefangen, auf das Hippiegeschwerl zu schimpfen, und damit war der Biotest wieder zu Ende. Der Hubsi aber hat sich noch ein Gebäckstück geklaut und es in die Jackentasche geschoben.

Auf dem Elisabethmarkt wollte sich der Hubsi eine Biokäsesemmel kaufen, aber wie er sein Geld gesucht hat, hat er in das aufgeweichte Reformgebäck hineingelangt und sich so geekelt, dass er das bappige Zeug auf den Boden geschmissen und die erstaunte Verkäuferin hat stehen lassen. In dem Jackie seinem Bioapfel war zwar kein Wurm, aber ein dermaßen großes Kernhaus, dass er voll draufgebissen und sich die Zunge aufgeschnitten hat. Derweil hat der Hubsi immer noch seine Hand geschüttelt, und vom vielen Schütteln ist das Bioweißbier in seinem Hosenbund geplatzt, wovon der Jackie so erschrocken ist, dass er in eine Auslage mit Bioeiern hineingestürzt ist.

So, wie sie jetzt dahergekommen sind, da waren sich der Jackie und der Hubsi einig, könnten sie auf keinen Fall mehr eine Zeitungsgeschichte schreiben, und drum haben sie sich nebenan in den Biergarten gesetzt. Der Hubsi hat sinniert, dass der dicke Kerl jetzt wohl sauer sein werde, aber der Jackie sagte, das sei erstens sowieso ein Betrüger, außerdem hätte es für den Schmarrn nicht mal Geld gegeben, und er sei schließlich kein Praktikant.