: Die Seefahrt heizt das Klima stärker an als gedacht
EMISSIONEN Schiffe werden bei Abgasvorschriften bisher nicht bedacht. Grüne wollen das ändern
BERLIN taz | Die Treibhausgasemissionen aus dem Schiffsverkehr sind dreimal so hoch wie bislang angenommen. Darauf hat am Freitag der Grünen-Europaabgeordnete Michael Cramer hingewiesen. Die weltweite Schifffahrt habe am gesamten Ausstoß des klimabelastenden Kohlendioxids einen Anteil von 4,5 Prozent. „Das ist ungefähr das Anderthalbfache der Emissionen von Afrika“, so Cramers Parteikollege Winfried Hermann.
Schifffahrt wächst rasant
Politiker gaben bisher Grenzwerte für Autoabgase vor, sie debattierten die Umweltwirkungen des Flugverkehrs. Die Seefahrt war kein großes Thema. Doch in den letzten Jahren wurden immer mehr Waren über die Ozeane transportiert. Mittlerweile sind etwa 100.000 Schiffe unterwegs, und Wissenschaftler haben die Abgase neu berechnet. Ihre Erkenntnisse haben die Grünen jetzt in einem gut 30-seitigen Papier zusammengestellt. Demnach pusten die Schiffe auch jede Menge krank machende Schwefeldioxide, Stickoxide und Rußpartikel aus. Diese belasten besonders die Bewohner von Hafenstädten.
„Schiffe sind Müllverbrennungsanlagen ohne Luftfilter“, sagt Verkehrsexperte Cramer. Im Gegensatz zu Autos fahren große Schiffe zumeist mit Schweröl. Es ist billiger als Marine-Diesel. Schweröl entsteht in Raffinerien bei der Erdölverarbeitung – als Sondermüll. An Land müsste er aufwendig entsorgt werden.
„Die Reeder müssen den Energieverbrauch und damit die Emissionen mindern“, fordern die Grünen. Sie wollen der Schifffahrt international CO2-Minderungs-Ziele vorschreiben und die Seeleute zum Emissionshandel verpflichten. Darüber hinaus sollen diese ihre Motoren nachrüsten. Grenzwerte für den Treibstoff sollen auch her. Und an den Kais sollen Stromanschlüsse gelegt werden, damit der Energiehaushalt der Schiffe zumindest im Hafen ohne Schweröl auskommt.
Reeder wollen Öl sparen
Die Ideen sind nicht neu, es fehlen aber die Verbündeten. Uta Ordermann ist Geschäftsführerin des Verbandes Deutscher Reeder und sagt: „Es wird bereits sehr viel getan.“ So erarbeite die internationale Seeschifffahrtsorganisation Imo einen „Energy-Efficiency-Design-Index“. Er solle Ingenieuren helfen, etwa einen Rumpf so zu bauen, dass das Schiff weniger Treibstoff braucht. Die Bundesregierung fördert die Entwicklung von Brennstoffzellen auf Schiffen.HANNA GERSMANN