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Archiv-Artikel

Falschaussagen im Rollenspiel trainiert

CIFTLIK-PROZESS Planmäßige Manipulation von Beweismitteln und Zeugenaussagen: Eine ehemalige Freundin belastet den früheren Hamburger SPD-Politiker Bülent Ciftlik vor Gericht schwer

Es wird eng für den ehemaligen Hamburger SPD-Politiker Bülent Ciftlik – sehr eng. Vor dem Hamburger Landgericht packte gestern Constance K. aus. Sie ist eine ehemalige Lebensgefährtin – so bezeichnet sich die Frau jedenfalls selbst. Die Architektin beschuldigte Ciftlik, von dem sie sich im Sommer 2010 getrennt haben soll, in detaillierten Schilderungen, Zeugen manipuliert zu haben und an der Fälschung mehrerer Beweisstücke beteiligt gewesen zu sein.

Als Partnerin habe sie Ciftlik während des gesamten gegen ihn geführten Scheinehe-Prozesses begleitet und sei an allen Manipulationsversuchen aktiv beteiligt gewesen oder habe Kenntnis davon gehabt, sagte sie. Ihre Beziehung zu Ciftlik sei verschwiegen worden, um sie als Zeugin nicht zu verbrennen.

Ciftlik war im Sommer 2010 vom Hamburger Amtsgericht zu einer Geldstrafe verurteilt worden, weil er zwischen dem Türken Kenan T. und seiner Ex-Freundin Nicole D. eine Scheinehe befördert haben soll, um Kenan T. einen Aufenthaltsstatus zu besorgen. Die erstinstanzliche Verurteilung hatte Ciftliks bis dahin glänzend verlaufende Karriere beendet.

Um das zu vermeiden, habe Ciftlik, so Constance K.s Aussage, alles getan, um einen Freispruch zu erreichen. Zuerst habe er Zeugen gesucht, die bestätigen sollten, dass Kenan T. und Nicole D. wirklich ein Liebespaar gewesen wären. Nachdem Nicole D. die Wahrheit auf den Tisch gelegt habe, seien Zeugen aufgebaut und Falschaussagen im Rollenspiel trainiert worden, mit dem Ziel, Nicole D.s Glaubwürdigkeit zu erschüttern. Auch sie selbst habe zu diesen Zeuginnen gehört, gemeinsam habe man eine Geschichte erfunden und eingeübt, die sie zur langjährigen Bekannten von Nicole D. gemacht hätte, die sie nie gewesen sei.

Des Weiteren berichtete Constance K. darüber, wie Ciftlik zwei im Namen von Nicole D. verfasste E-Mails in deren Postfach platziert habe. Zunächst habe er versucht mit Unterstützung von Kenan T. und Hilfe versteckter Kameras ihr Passwort auszuspionieren, als das misslungen war, habe er es geschafft, das Spionageprogramm SpectorSoft auf ihrem Laptop zu installieren und habe so das Passwort „liebenswert“ herausbekommen, mit dem sich ihr Account habe knacken lassen.

Bei der zweiten Nicole D. untergejubelten E-Mail habe sie mit Ciftlik gemeinsam noch den textlichen Feinschliff gemacht. In beiden Mails hatte sich Nicole D. angeblich selbst bezichtigt, aus enttäuschter Liebe Bülent Ciftlik in den Knast bringen zu wollen und nur deshalb ihre Ehe mit Kenan T. als Scheinehe hinzustellen. MARCO CARINI