: Die Zahlenspiele der Werksmathematiker
Bayer Leverkusen sichert sich mit einem 5:1 gegen Gladbach am letzten Spieltag doch noch einen UEFA-Cup-Platz. Nach einer durchwachsenen Saison träumt Bayer-Trainer Klaus Augenthaler bereits wieder von der Meisterschaft
LEVERKUSEN taz ■ Zahlenspiele sind etwas Gefährliches. Ein bisschen können sie wie Gummibärchen sein – fängt man einmal damit an, hört man nicht mehr auf. Mit Zahlenspielen kennt man sich in Leverkusen seit dem Fast-Abstieg vor zwei Jahren und der Champions League-Teilnahme in letzter Sekunde in der vergangenen Saison aus. Auch in dieser Spielzeit ging es bis zum letzten Spieltag um Mathematisches und Kalkulatorisches. Hätte Dortmund gewonnen und Leverkusen verloren, wären die Rheinländer auf einem UI-Cup-Platz außerhalb des großen internationalen Geschäfts gelandet. Doch durch das 5:1 gegen Gladbach ist nun klar: Bayer spielt in der nächsten Saison im UEFA-Cup.
Eigentlich war Leverkusen am frühen Samstagabend sogar Meister. Gedanklich. Er sei froh, fing Trainer Klaus Augenthaler an, „dass wir zumindest international dabei sind.“ Allein das Wörtchen zumindest, das an diesem Abend des Öfteren gebraucht wurde, verriet die Veränderung der Zielvereinbarung. Denn eigentlich fühlt sich Bayer 04 zu Höherem berufen. Also sagte Augenthaler: Wenn er zu rechnen anfange, „dann wären wir wahrscheinlich Meister.“
Zu den Bayern fehlten Leverkusen zwar immerhin 20 Punkte, zur Champions League-Qualifikation aber nur zwei. Und die, da waren sich die Bayer-Verantwortlichen sicher, habe man unglücklich liegen lassen. „Ein Punkt mehr hätte bei vielen Spielen gereicht, dann wären wir jetzt in der Champions League“, sagte Kapitän Carsten Ramelow.
Für Leverkusen war es eine kuriose Saison. Nach dem dritten Spieltag und einem 4:1 gegen den FC Bayern standen sie an der Spitze der Tabelle, am 14. Spieltag auf Platz 11. Einer 3:0-Gala gegen Real Madrid in der Champions League folgten müde Kicks gegen Mannschaften wie Mainz und Nürnberg. Die Inkonstanz hat Bayer größere Ziele verbaut.
Allerdings kann man die Bayer-Saison auch anders sehen. Lange Zeit fehlten alle vier Innenverteidiger, Nachwuchsspieler wie der Castro (17 Jahre), Dum (18) oder Callsen-Bracker (20) wurden zu Stammspielern. Dass dieses aus der neuen finanziellen Zurückhaltung resultierende Projekt am Ende überhaupt für Platz sechs reichte, liegt an dem starken Saisonendspurt. Die letzten sechs Spiele blieb Leverkusen ungeschlagen.
Auch gegen Gladbach hätte nach dem Blitztor des Ex-Leverkuseners Neuville nach 80 Sekunden noch Einiges anders laufen können. Doch Bayers Ausgleich kurz vor der Pause durch Berbatov nach einer Vielzahl an ausgelassenen Chancen beruhigte. In Halbzeit zwei folgte ein elfminütiges Torfestival durch Berbatov, Voronin und Franca.
Danach kannten die euphorischen Zukunftsvisionen kaum Grenzen. Klaus Augenthaler bezog sich mit dem Verweis auf die „gute“ Mischung seiner Mannschaft auf das Beispiel Werder Bremen in deren Meistersaison. Da habe man ja gesehen, was mit Teamgeist und Esprit zu schaffen sei. Darauf wolle man nächste Saison hinarbeiten, sagte Trainer Augenthaler. Also auf die Meisterschaft hinarbeiten? „Am liebsten wollen wir schon drei Spieltage vor Schluss Meister sein.“ FLORIAN BAUER