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Sie lässt andere fliegen

Konny hätte alles machen können, mit ihren hervorragenden Kontakten in Politik-, Wirtschafts- und Kulturkreise. Machte sie aber nicht

Von Julia Boek

Wenn sich weit mehr als 20.000 Menschen zusammentun, um für Pressefreiheit und eine wirtschaftlich unabhängige Zeitung einzustehen, dann muss jemand wie Konny am Werk gewesen sein. Denkbar, dass sie in drei Jahrzehnten mit jedem Genossen und jeder Genossin persönlich gesprochen hat. Möglich, dass sie sie alle beim Namen kennt. Unbestritten aber, dass keine den Geist der taz so sehr atmet wie sie, dass niemand den Pulsschlag der Kooperative besser verinnerlichte und es je besser verstand, die Gründungsideen der tageszeitung in die Jetztzeit zu tragen. Konny ist das Rückgrat der taz. Kritischer, unabhängiger Journalismus, so sagt sie, „ist notwendig für jede demokratische Gesellschaft“. Ihre Maxime, sie schlug sich auch in ihrer Stiftungsarbeit nieder.

Und dabei hätte sie alles machen können, bevor sie ab 1996 das Team der taz-Genossenschaft aufbaute. Hätte etwa als preisgekrönte Berlin-Reporterin exklusive Recherchen aus dem Westberliner Untergrund ans Licht zerren oder als Chefin einer taz-Journalistenschule Jahrgänge top ausgebildeter Jour­na­lis­t:in­nen diverser Hintergründe verabschieden können. Sie hätte auch als taz-Diplomatin um die Welt jetten können, um ihre hervorragenden Kontakte in Politik-, Wirtschafts- und Kulturkreise für die links-grüne Sache in Berlin spielen zu lassen. Doch die Konzentration auf nur eine Sache, das ist einer wie ihr nicht genug. Konny hielt es grundsätzlicher und baute stattdessen lieber am Fundament eines Möglichkeitsraumes: und zwar für alle.

Denn sie lässt andere fliegen. Hoch und weit, mit viel Zutrauen und manchmal vielleicht sogar ohne zu wissen, ob etwas dabei rauskommt. Das hat viele beflügelt. Und wie schön, wenn ihre Rechnung ein weiteres Mal aufging, wenn Begegnungen geschaffen, neue Netzwerke erschlossen, Publikationen gedruckt und Austauschprogramme auf die Beine gestellt wurden. Dann konnte man ihr bei Zusammenkünften manchmal heimlich dabei zusehen, wie sie innehielt, beseelt das Geschehen beobachtete, um sich im nächsten Moment ein Taxi zu rufen, denn der nächste Tag wartete wieder mit großen Aufgaben.

Nun zieht sie weiter. Sicher werden wir bald von ihr hören.

Julia Boek war von 2014 bis 2024 in der taz und war Leiterin des Ressorts taz.eins.

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