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Archiv-Artikel

Blindes Vertrauen kam teuer zu stehen

Drei Jahre und drei Monate muss ein ehemaliger Vermögensberater des Bankhauses Neelmeyer in den Knast, weil er in vier Jahren zwei alte Millionäre um insgesamt 2,2 Millionen Euro betrogen hat – und damit einen aufwändigen Lebensstil pflegte

Bremen taz ■ Manfred B. präsentiert sich als Prototyp eines seriösen Bankbeamten. Der schwarze Anzug passt wie angegossen, der Scheitel sitzt stets korrekt und auch die Lederschuhe sind blitzblank gewienert. Würden sie diesem Mann ihr Geld anvertrauen?

Gestern verurteilte das Bremer Amtsgericht den früheren stellvertretenden Geschäftsstellenleiter des Bankhauses Neelmeyer wegen gewerbsmäßigen Betrugs und Untreue in insgesamt 35 Fällen zu einer Haftstrafe von drei Jahren und drei Monaten. Der 54-Jährige brachte zwischen 1998 und 2002 zwei Millionäre, Kunden des Privatbankhauses, um 2,2 Millionen Euro.

Während die Betrogenen – beide jenseits der 80 – teilweise in bescheidenen Verhältnissen lebten, investierte der Vermögensberater ihr Geld in seinen großzügigen Lebensstil: Zwei Häuser in Bremen und eine Ferienwohnung auf Norderney schlugen mit rund einer Million Euro zu Buche, zwei BMW kosteten weitere 100.000 Euro, hinzu kamen Ferienaufenthalte in teuren Hotels. Den Vorwurf des Standesdünkels wollte der Angeklagte nicht gelten lassen: Er habe ein Vermögen aufbauen und seine Familie absichern wollen. „Ich versuchte, auf dem Teppich zu bleiben.“ Eine Ex-Kollegin sah das anders: „Er war schon immer vornehmer als wir.“

Staatsanwalt Frank Passade reduzierte das Verhalten des geständigen Bankers denn auch auf die kurze Formel „Gier frisst Hirn“ – und plädierte auf vier Jahre Haft. Verteidiger Reinhold Schlothauer fand diese Erklärung „zu banal“. Er forderte für seinen Mandanten lediglich eine Bewährungsstrafe sowie Berufsverbot als Anlageberater.

„Ich habe mich in meinem Job als ‚Versager‘ gefühlt“, hatte B. zuvor zu Protokoll gegeben. Als selbstständiger Vermögensberater nach eigenen Angaben vier Jahre weitgehend ohne Erfolg, häufte er rund 500.000 Mark Schulden an. Staatsanwalt Passade qualifizierte derlei Erklärungen als „Alltagsprobleme“ ab.

Dass der Betrug überhaupt ans Licht kam, sei ein „reiner Glücksfall“ gewesen, so Passade. Einer Kollegin fielen Unregelmäßigkeiten auf, als sie sich über die vermeintlich erfolgreichen Anlagengeschäfte des B. informieren wollte. Die beiden Opfer, mittlerweile verstorben, wurden von der Versicherung der Bank entschädigt. B. selbst, der heute als Existenzgründungsberater arbeitet, brachte knapp 900.000 Euro als Wiedergutmachung auf. Auf dem Rest – 1,4 Millionen Euro – bleibt die Bank wohl sitzen. Einen größeren Imageschaden, sagte gestern ihr Rechtsvertreter Christian Weber, habe man jedoch nicht erlitten. Jan Zier