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Archiv-Artikel

„Ne scharfe Nummer für uns vom Dorf“

STAR-CLUB II Zwischen 1963 und 69 traten die „Phantom Brothers“ aus dem schleswig-holsteinischen Osterrönfeld im Star-Club auf. Gespräch über erste E-Gitarren, Ruhm und die Gürtelschnallen der Beatles

Von SLÜ
Horst Krüger

■ 73, glaubt, dass seine Band die einzige aus dem Star Club ist, die heute noch vollständig ist. 2004 haben die Phantom Brothers noch einmal ein Album aufgenommen, 2005 hatten sie den letzten gemeinsamen Auftritt.

taz: Herr Krüger, Sie kommen aus Osterrönfeld, einem Nest bei Rendsburg. Wie kommt man da zum Rock’n’Roll?

Horst Krüger: Als junger Bursche war ich begeistert vom Rock’n’Roll, hatte Platten von Chuck Berry und Little Richard. Irgendwann habe ich gedacht: Das könnte man selbst mal versuchen.

Konnten Sie da schon Gitarre spielen?

Eigentlich nur ein paar Griffe, ich hab’ dann Fernunterricht genommen. Man konnte Gitarren-Lektionen für Anfänger im Abo bestellen, das waren Zettel, auf denen stand, wie man die Gitarre hält, und natürlich Griffe und so. Ich habe das dann drei oder vier Monate lang gemacht. Und ich hab viel mit den Augen geklaut.

Hatten Sie eine E-Gitarre?

Damals gab es in Rendsburg ein kleines Musikgeschäft. Ich guckte da rein und starrte wie vom Blitz getroffen auf so eine rote elektrische Gitarre. Ich konnte nachts nicht mehr schlafen, sowas hatte ich noch nie gesehen. Das war eine nachgebaute Fender Stratocaster, von Höfner. Die kostete 300 Mark. Der Klang war einigermaßen. Einen Verstärker hatte ich natürlich nicht, ich hab’ meine Gitarre an ein Radio angeschlossen.

Wie fanden denn Ihre Eltern die Musik?

Die waren begeistert! Wir haben bei uns im Keller geprobt. Junge Leute mit elektrischen Gitarren waren eine kleine Sensation. Mit unseren langen Haaren, eigentlich hingen die nur ein bisschen auf dem Hemdkragen, hieß es manchmal sogar, wir seien Banditen. Aber nach zwei, drei Jahren hatten wir kleinere öffentliche Auftritte.

Und dann habt Ihr Euch für einen Wettbewerb im Star-Club angemeldet.

Ja, wir hatten einen kleinen Opel Olympia, die Anlage musste aufs Dach, damit die Boxen und das Schlagzeug und dann noch vier Mann in das Auto passten. Wir hatten Startnummer 18 – und haben gewonnen. Das muss man sich mal vorstellen: ’ne Band aus Osterrönfeld gewinnt im Star-Club in Hamburg! Manfred Weissleder, der Besitzer, hat uns sofort unter Vertrag genommen für zwei Jahre. Insgesamt wurden dann sechs draus. Im Star-Club wurde mal eine Liste erstellt, fast 280 Tage haben wir da gespielt, stand da drauf.

Wart Ihr erfolgreich?

Die Rattles waren die deutschen Beatles, aber wir wurden die deutschen Rolling Stones genannt. Wir sind dann auch nach Hamburg gezogen. Das war ’ne scharfe Nummer für uns vom Dorf.

Habt Ihr andere Bands kennengelernt?

Wir hatten solche Gürtelschnallen aus blankem Kupfer, die hatte uns ein Kumpel gemacht. Einmal waren wir auf einem Konzert der Beatles. Irgendwann kam Paul McCartney mit ein paar Flaschen Holstenbier zu uns. Wir konnten aber kein Wort Englisch. Zum Glück konnte Tony Sheridan ein paar Brocken Deutsch. Der sagte dann zu mir, dass sie auch solche Schnallen haben wollten. Fünf Stück haben die Beatles bestellt.

Wie ging es weiter – nach dem Ende des Star-Clubs?

Wir sind zurück nach Osterrönfeld gegangen. Örtlich haben wir noch versucht aufzutreten, aber nach zwei Jahren haben wir uns aufgelöst.

Und heute?

Ich bin Rentner, aber ich habe immer noch eine Band. Einmal die Woche machen wir zusammen Rock’n’Roll. Der Spaß hört einfach nicht auf. INTERVIEW: SLÜ