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Archiv-Artikel

Deutsche Klimaziele in Gefahr

ENERGIE Der CO2-Ausstoß ist in Deutschland 2011 zwar gesunken – aber nur aufgrund des milden Winters. Regierungsberater fordert verstärkte Anstrengungen der Politik

„Wir sind auf dem Pfad der Zielerreichung“

BMU-Sprecher Jürgen Maass

VON MALTE KREUTZFELDT

BERLIN taz | Ohne zusätzliche politische Maßnahmen wird Deutschland seine selbst gesteckten Klimaziele für das Jahr 2020 nicht erreichen. Davor hat der Energieexperte Hans-Joachim Ziesing gewarnt, der seit Jahren die Energiebilanzen für Deutschland erstellt und im Auftrag der Bundesregierung die Umsetzung der Energiewende überwacht. „Die Bundesregierung darf nicht weiter zögern, sondern muss alles, was geplant war, auch tatsächlich umsetzen“, fordert Ziesing.

Deutschland will seine Treibhausgas-Emissionen bis 2020 im Vergleich zu 1990 um 40 Prozent reduzieren. Bisher ist ein Rückgang um 23 Prozent erreicht worden – wobei aber die Stilllegung der DDR-Industrie eine wichtige Rolle gespielt hat. Um das Ziel noch zu erreichen, müssten die Emissionen in den nächsten acht Jahren jeweils um rund 20 Millionen Tonnen sinken – und damit fast doppelt so schnell wie im Schnitt der letzten zehn Jahre.

Im vergangenen Jahr sind die CO2-Emissionen in Deutschland laut der von Ziesing erstellten Bilanz auf den ersten Blick zwar gesunken – um 2,3 Prozent, was fast den notwendigen 20 Millionen Tonnen entspricht. Allerdings geht dies vor allem auf den milden Winter zurück, der zu geringerem Heizenergieverbrauch führte. Umgerechnet auf Normaltemperaturen wären die CO2-Emissionen um 1,2 Prozent gestiegen, unter anderem durch den vermehrten Einsatz von besonders klimaschädlicher Braunkohle zur Stromerzeugung. Dadurch habe sich Deutschland vom Zielwert „wieder etwas entfernt“, so Ziesing. Im Vergleich zum Jahr 2008 – dem Jahr vor dem krisenbedingten Einbruch der Wirtschaftsleistung – ist der temperaturbereinigte CO2-Ausstoß aber trotz Atomausstieg gesunken.

Die Bundesregierung sieht denn auch keinen Grund zur Sorge. Man sei „auf dem Pfad der Zielerreichung“ sagte Jürgen Maaß, Sprecher des Bundesumweltministeriums, auf taz-Anfrage. Die Regierung geht davon aus, dass mit den bisher beschlossenen Gesetzen bis 2020 eine CO2-Minderung von 35 Prozent erreicht würde, sagte Maaß. Zusammen mit den geplanten Maßnahmen zur Gebäudesanierung und Effizienzsteigerung sowie durch Verschärfungen beim Emissionshandel seien die angestrebten 40 Prozent erreichbar.

Umweltorganisationen und Oppositionsparteien drängten die Regierung zu schnellerem Handeln. „Die Energiewende muss deutlich beschleunigt werden“, sagte BUND-Experte Torben Becker. Die umweltpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Eva Bulling-Schröter, forderte, Deutschland müsse die Blockade der EU-Effizienzrichtlinie aufgeben.