: Die Suche nach den Quittungen
ABRECHNUNG Statt über verheerende Bilanzen könnte Intendant Frey jetzt endgültig über ein Stück Plastik stolpern: Eine vielgenutzte Kreditkarte Freys führte zur Explosion der Reisekosten
Von Henning Bleyl
Bei einer Untersuchung der Reisekostenabrechnung der Theaterleitung hat die Prüfgesellschaft „Fides Treuhand“ fehlende Nachweise moniert. Bei einer Stichprobe wurden 120 von 300 Kreditkartenbuchungen untersucht, für ein Viertel liegt kein Verwendungsbeleg vor. Das Kulturressort, das den Vorgang nicht kommentiert, stellte Intendant Hans-Joachim Frey eine Frist bis gestern 24 Uhr zur Ablieferung der Belege in der Behörde. Dort wollte ihn die Staatsrätin persönlich erwarten.
Unabhängig von der „Treuhand“-Untersuchung hatte der Theater-Aufsichtsrat bereits im März die ungewöhnliche Höhe der Reiseausgaben thematisiert. Mit 300.000 Euro in zwei Jahren verdreifachten sie sich im Vergleich zur Ära Pierwoß. Schon in Freys erster Spielzeit 07/08 reiste allein die Generalintendanz für 30.000 Euro, während das gesamte Theater 06/07 hierfür nur 42.000 Euro aufwendete.
Ein Teil lässt sich mit der Zunahme an Kooperationen durch Frey erklären. So wurde „Maometto II.“ mit Pesaro, „Eugen Onegin“ mit St. Petersburg und „Celan“ mit Bukarest koproduziert, wodurch sich Ausstattungs- und Bühnenbildkosten deutlich verringern. Allerdings war auch das Verlust-Musical mit immensem Reiseaufwand nach Japan und Korea verbunden. Der Intendant betont: „Alle meine Reisen waren dienstlich und wurden korrekt abgerechnet.“
Die Definition als „dienstlich“ ist jedoch schwer einzugrenzen. Zwar gilt das gerade novellierte „Bremische Reisekostengesetz“ ausdrücklich nicht nur für Beamte, sondern alle „unter Aufsicht des Landes oder der Stadtgemeinden stehenden Anstalten öffentlichen Rechts“ wie das Theater eine ist. Auch die „Verbindung von Dienstreisen mit anderen Reisen“ ist geregelt. Da jedoch nicht zwischen Haupt- und Nebenzweck einer Reise unterschieden wird, bleibt die jeweilige Zuordnung im Fall eines Intendanten in der Grauzone.
Speziell Frey ist als Chef des Dresdner Opernballs, Initiator des „Weltkulturgipfels“ sowie mit seinem international wandernden Gesangswettbewerb „Competizione dell’ Opera“ ein sehr mobiler Kulturmanager: Dass er dabei auch immer wieder Nachwuchstalente für den Einsatz in Bremen entdeckt, mag für die hiesige Kostenabrechnung als Begründung herhalten.
Ein zusätzliches Transparenz-Problem ist der Umstand, dass die Kreditkarte des Intendanten offenbar von und für verschiedene Personen genutzt wurde. So wurden die Reisen der „Nabucco“-Gäste hier statt über das künstlerische Betriebsbüro abgerechnet, das für die Produktionsbudgets zuständig ist. Darüber hinaus hatte die Nutzung der Karte anscheinend den Charakter eines informellen Bonussystems. Falls nun keine korrekten Quittungen beigebracht werden, hätte das weitgehende Folgen für Frey: Sein gerade geschlossener Änderungsvertrag, der ihn bis 2010 im Amt belässt, sei „sehr bewusst“ mit Öffnungsklauseln versehen, sagt ein Kulturdeputierter. Im Klartext: Beim Nachweis formaler Fehler ist ein Rausschmiss geplant. Freilich ist auch entlastender Ausgang der Untersuchung wie bei Werder-Chef Jürgen Born oder Manfred Ernst vom Flughafen möglich.
Derweil billigte der Haushalts- und Finanzausschuss gestern einen Theater-Kreditrahmen von 6,4 Millionen Euro.