Kohlendioxid vergraben und vergessen?

Auch der Energiekonzern BP setzt jetzt im Klimaschutz auf die Einlagerung des Treibhausgases CO2 – mit einem 100-Millionen-Dollar-Projekt in Algerien. Für Umweltschützer ist sie als Instrument zur Emissionsreduzierung aber nur ein teurer Notnagel

VON BEATE WILLMS

Die Idee ist nicht ganz neu, klingt aber immer noch bestechend: Wenn sich in Kraftwerken oder Raffinerien klimaschädigendes Kohlendioxid (CO2) nicht verhindern lässt – warum fängt man es dann nicht ab und lagert es sicher ein? Dieser Frage hat sich auch der britische Energiekonzern BP angenommen. Gemeinsam mit verschiedenen Regierungen, der norwegischen Statoil und der algerischen Sonatach, entwickelte er im algerischen In Salah ein Testprojekt: Das bei der Gasförderung auftretende Kohlendioxid wird abgetrennt und unterirdisch gespeichert – praktischerweise direkt in den ausgebeuteten Gasfeldern. Gardiner Hill, bei BP international für Umwelttechnik zuständig, stellte gestern in Berlin erste Ergebnisse vor.

Weltweit gibt es bereits weit über 100 Projekte, die sich mit der Einlagerung von CO2 beschäftigen. Denn ganz so einfach geht das nicht: Das CO2 muss zunächst abgetrennt und dann verflüssigt werden. Bei der Gasförderung wie in In Salah funktioniert das relativ problemlos – und muss ohnehin passieren: Ein Gemisch aus Methan und CO2 ist auf dem Markt unverkäuflich. Schwieriger – und vor allem teurer – gestaltet es sich in Kohlekraftwerken. Mit der derzeit verfügbaren so genannten Post-Combustion-Technologie entstehen dabei zwischen 40 und 100 Dollar Zusatzkosten pro Tonne CO2.

Der Transport des flüssigen CO2 zu möglichen Speicherplätzen erfolgt über Pipelines. Das nächste Problem ist die Speicherung selbst: In Betracht kommen vor allem Öl- oder eben Gasfelder oder so genannte saline Aquiferen, Salzwasser führende Gesteinsschichten. Das Gas wird unter hohem Druck hineingepresst und bleibt in den Poren gefangen. Allerdings geht man davon aus, dass Tiefen von mindestens 1.000 Metern nötig sind. „Um die Klimabelastung zu verringern, muss das Gas tausend Jahre dort unten bleiben können“, sagte BP-Manager Hill. Theoretisch kämen auch Kohleflöze in Frage, die CO2 aufnehmen und Methan abgeben würden. Bislang weiß jedoch niemand, wie sich das Treibhausgas unter diesen Bedingungen verhält.

„Die geologischen Schwierigkeiten dürfen nicht unterschätzt werden“, sagte Greenpeace-Energie-Expertin Gabriela von Goerne der taz. Jede Formation verhalte sich anders, deshalb könnten die Ergebnisse eines Projektes nicht verallgemeinert werden. Klimaexperte Karsten Smid spricht sogar von einer „typischen End-of-pipe-Technologie“. Es gehe nicht darum, CO2-Entstehung zu verhindern, sondern nur darum, „hinterher aufzuräumen“. Wenn die Einlagerung von CO2, wie BP-Manager Hill forderte, mit „länderübergreifenden Programmen wie bei den erneuerbaren Energien“ und Milliardenbeträgen gefördert werde, mache man sich weiterhin von fossilen Energieträgern und von den Betreibern der Senken abhängig. Trotz alledem müsse man wohl weiter an an der Einlagerung arbeiten – wenn auch nur als „Notnagel“, falls alle anderen Maßnahmen zur CO2-Minderung nicht ausreichen.

Auch die Experten des Wuppertal-Instituts sind vorsichtig. „Die gesamtsystematische Betrachtung kommt bisher zu kurz“, sagte Klimaexperte Dietmar Schuewer der taz. Allein das Abspalten des CO2 koste derzeit 20 bis 25 Prozent zusätzliche Energie. „Für den gesamten Prozess bedeutet das einen Mehreinsatz von bis zu einem Drittel.“ Damit würde zur Reduzierung von CO2 erst einmal mehr CO2 produziert, von anderen Schadstoffen wie Schwefeldioxid ganz abgesehen. Eine abschließende Wertung mochte Schuewer aber nicht abgeben: „Die Frage ist, ob die CO2-Einlagerung eine Brücke in ein Zeitalter der erneuerbaren Energien ist oder eine Bremse.“