Familie nur für Reiche

INTEGRATION Bremen will Familienbesuche aus Nicht-EU-Ländern erleichtern. Doch selbst die SPD-geführten Bundesländer halten an Visumspflicht fest

„Arbeitslose haben auf Familienbesuche keine Chance“

Würde Sükrü Senkal nach Frankreich und wieder zurück nach Deutschland ziehen, könnten ihn seine in der Türkei lebenden Verwandten ohne Visum besuchen. Das erfuhr der innenpolitische Sprecher der SPD gestern in einer Sitzung der Innendeputation. Dazu Innensenator Ulrich Mäurer (SPD): „Einfacher wäre es, Sie würden Ihre Verwandten in der Türkei besuchen.“

Und dabei wird es zunächst bleiben, denn Bremen hat nicht genügend Mitstreiter für eine Bundesratsinitiative gefunden, die Familienbesuche aus dem Ausland erleichtern soll. Selbst von den SPD-regierten Bundesländern, so Mäurer, sei nur Rheinland-Pfalz bereit, die Visumspflicht für Nicht-Angehörige der EU aufzuheben, wenn diese ihre in Deutschland lebenden Familien besuchen wollen. Die Innenministerien hatten ihre Ablehnung mit der Sorge vor illegaler Zuwanderung begründet. „Das ist ein Unding“, sagte Senkal gestern, „all diesen Menschen erst einmal schlechte Absichten zu unterstellen.“

Im Dezember hatte der SPD-Politiker, dessen Eltern aus der Türkei stammen, in einer Bürgerschaftsdebatte zu dem Thema geschildert, welche Hürden Menschen wie seine zu dem Zeitpunkt 87-jährige Großmutter nehmen müssen, wenn sie für einen Besuch nach Deutschland kommen wollen. Häufig dauere die Bearbeitung eines Visumsantrags so lange, dass der Anlass für den Besuch, etwa eine Familienfeier, längst stattgefunden hat, bestätigt Barbro Krüger vom Verband binationaler Familien und Partnerschaften iaf. Oder ein Antrag würde abgelehnt, weil vor allem jungen Menschen nicht geglaubt wird, dass sie wieder zurückreisen wollen. Viele Anträge würden aber auch gar nicht erst gestellt, weil weder die Gäste noch die Besuchten die geforderten Nettoeinkommen in Höhe von mindestens 1.460 Euro nachweisen können. „Arbeitslose haben keine Chance“, so Krüger.

Innensenator Mäurer kündigte jetzt an, dass Bremen die geforderten Vermögens-Beträge senken wolle. Dabei will sich der Innensenator an Hamburg orientieren, wo für eine Einzelperson ein monatliches Einkommen von 900 Euro und für eine vierköpfige Familie von 2.000 Euro verlangt werden. Der Rechtsanwalt Rolf Gössner – für die Linken Mitglied der Innendeputation – sagte gestern, dies würde immer noch viele Menschen ausschließen. Er fordert eine Härtefallregelung sowie eine Absenkung der Rückreisepauschale für Flugkosten von derzeit 1.000 Euro. EIB