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Archiv-Artikel

Studie: Feinstaub führt zu Infarkt

Mit einem erhöhten Herzinfarktrisiko lebt jeder vierte Revierbewohner. Betroffen sind vor allem Menschen, die einer hohen Feinstaubbelastung ausgesetzt sind, fand eine neue Studie heraus

VON NATALIE WIESMANN

Jeder vierte Revierbewohner über 45 Jahre lebt mit einem hohen Herzinfarktrisiko – oft ohne es zu wissen. Das hat eine Untersuchung bei 4.800 ProbandInnen dieser Altersgruppe im Ruhrgebiet ergeben. Die Studie ist ein Gemeinschaftsprojekt der Unis Duisburg-Essen, Köln, Düsseldorf und Witten-Herdecke. Diese Ergebnisse sind Thema auf dem Nationalen Präventionskongress für Herz-Kreislauferkrankungen, der bis heute in Essen tagt.

„Patienten werden oft als gesund eingestuft, obwohl schon erste Anzeichen von Gefäßerkrankungen vorliegen“, kritisiert Raimund Erbel vom Westdeutschen Herzzentrum in Essen. Ursache für die falsche Bewertung seien fehlende Daten aus der gesunden Bevölkerung. Vergleichswerte lägen bisher nur von erkrankten Menschen vor. Neben den 25 Prozent der Untersuchten, die stark herzinfarktgefährdet sind, leben weitere 40 Prozent mit einem mittleren Risiko. Erbel und seine Medizinerkollegen fordern kostenlose Vorsorgeuntersuchungen.

Die WissenschaftlerInnen konnten jetzt auch die Auswirkung von Umwelteinflüssen auf das Infarktrisiko belegen. Die bisherigen Ergebnisse der Studie würden Annahmen untermauern, dass hohe Feinstaubkonzentrationen, wie sie in vielen Städten des Ruhrgebiets vorkommen, einen Infarkt begünstigen. „Der Feinstaub beschleunigt die Arterienverkalkung“, sagt Karl-Heinz-Jöckel, Leiter der medizinischen Fakultät der Uni Duisburg-Essen.

Doch gerade die ultrafeinen Partikel, die zum Herzinfarkt führen können, werden von den meisten Messstationen in Nordrhein-Westfalen nicht registriert, kritisiert Dirk Jansen, Sprecher des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) NRW. Nur sechs von den 70 Stationen seien überhaupt in der Lage, zwischen gröberen und feineren Partikeln zu differenzieren. „Die Messgeräte müssen unbedingt nachgerüstet werden“, appelliert Jansen an den zukünftigen Umweltminister von Nordrhein-Westfalen. Die hohen Kosten, mit denen solche Forderungen abgewiesen würden, hält er für ein schwaches Argument. „Es geht hier schließlich „um Leben und Tod.“

Dass sich die Feinstäube direkt auf die Lebenszeit der RevierbewohnerInnen auswirken, beweist eine laufende Studie des Umweltministeriums in mehreren Großstädten (siehe Kasten). Die ersten Auswertungen, die die aus dem Amt scheidende Ministerin Bärbel Höhn (Grüne) im Mai vorstellte, beweisen, dass die Erhöhung der Feinstaubkonzentration die Sterblichkeitsquote durch zum Beispiel Herzinfarkt die Lebenszeit der RevierbewohnerInnen um viele Jahre verkürzen kann.

Auch Menschen, die in der Nähe von Industrieanlagen wohnen, leben mit einem erhöhten Gesundheitsrisiko. Das ergab die so genannte Hotspot-Studie vom August 2004. Dabei fand das Umweltministerium heraus, dass Mütter aus den Belastungsarealen Dortmund-Hörde, Duisburg-Nord und Duisburg-Süd besonders stark gefährdet sind. In Dortmund-Hörde waren Erkrankungen und Beschwerden der Atemwege sowie Allergien besonders stark vorhanden. In Duisburg-Süd wurde bei den Kindern eine erhöhte Bleibelastung, bei den Müttern eine starke Cadmiumbelastung festgestellt.

Nicht nur der Feinstaub, auch der Verkehrslärm verstärkt das Herzinfarktrisiko. Dies untersuchte das Bundesumweltamt im vergangenen Jahr. Das Risiko, einen Herzinfarkt zu erleiden, steigt bei Männern um etwa 30 Prozent, wenn sie längere Zeit in Gebieten mit hohem Verkehrslärm wohnen.