: Zurück in ein fremdes Land
18-Jähriger, der im Alter von sieben nach Hamburg kam, soll in die Türkei abgeschoben werden. Bisher fiel er unter das Asylverfahren des Vaters. Dieses ist nun gescheitert, obwohl dem Vater als Oppositionellem Reststrafe und Folter drohen
Von Eva Weikert
Ilker P. hat Angst. Der 18-Jährige ist in der Türkei geboren, mit sieben Jahren nach Hamburg gekommen und „hier zu Hause“, sagt er. Am Dienstag war er in der Ausländerbehörde plötzlich in Gewahrsam genommen worden. Ilker soll abgeschoben werden in ein Land, das er seit elf Jahren nicht mehr besucht hat, „und an das er keine Erinnerungen hat“, warnt sein Anwalt Arne Dahm.
Ilkers Dilemma ist, dass er keinen eigenen Asylgrund hat und volljährig ist. 1994 war sein Vater mit Frau und Kindern nach Deutschland geflohen, weil er als Mitglied einer in der Türkei verbotenen politischen Bewegung dort verfolgt wurde. Hüsnü P. hat für eine Nachfolgeorganisation der bewaffneten Dev Sol gekämpft und dafür siebeneinhalb Jahre in der Türkei in Haft gesessen. Sein Asylantrag wurde im März dieses Jahres abgelehnt.
Am vergangenen Dienstag lief die Gestattung für ihn und den Sohn aus. Als Ilker darum die Behörde aufsuchte, kam er in Gewahrsam – „weil er sich geweigert hat auszureisen, obwohl er jetzt ausreisepflichtig ist“, erklärt Sprecher Norbert Smekal.
Zwar verfügte ein Richter tags darauf die Freilassung, da er keine Gefahr des Untertauchens sah. Doch gestern musste Ilker erneut vorstellig werden. Er wurde vor die Wahl gestellt, sich in Abschiebehaft zu begeben oder zu unterschreiben, im türkischen Konsulat Reisepapiere zu beantragen, so Ilker. Er unterschrieb.
Vater Hüsnü P. hat noch Aufschub bekommen. Weil ihm in der Türkei Reststrafe droht und er nach ärztlichem Gutachten zudem unter „posttraumatischen Belastungsstörungen nach schweren Foltererlebnissen“ leidet, konnte er einen Asylfolgeantrag stellen und ist vorerst geschützt. Der Sohn hingegen fällt mit der Volljährigkeit nicht mehr unter des Vaters Verfahren. „Wir beabsichtigen nach wie vor, ihn abzuschieben“, stellt Smekal klar. Er kenne niemanden in der Türkei, sagt Ilker, der auch Mutter und Schwestern verlöre. Durch die neuerliche Ehe von Frau P. mit einem Deutschen haben sie einen sicheren Aufenthaltstitel.
Im Falle des Vaters will Dahm jetzt das UN-Flüchtlingskommissariat um Beistand anrufen. „Es muss thematisiert werden, dass meinem Mandanten, der in der Türkei als Linksradikaler gilt, dort Folter im Gefängnis droht.“