: Der Zurückhaltende
Hollanderkel François Hollande ist Sozialist und will Frankreichs Präsident werden. Wie wäre das mit Merkel?
■ Der Termin: Am 22. April ist die erste Runde der französischen Präsidentenwahl, am 25. April wird das Ergebnis verkündet. Die aussichtsreichsten Kandidaten: Amtsinhaber Sarkozy, der Sozialist Hollande, François Bayrou (Zentrum), Jean-Luc Mélenchon (Linksfront) und Marine Le Pen vom rechtsextremen Front National.
■ Die Frage: Frankreich ist wichtigstes Partnerland Deutschlands in der EU. Mit dem amtierenden Präsidenten, dem konservativen Nicolas Sarkozy, hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel engen Kontakt. Aber wie wird sie sich mit François Hollande verstehen – dem aussichtsreichsten Bewerber?
AUS PARIS RUDOLF BALMER
Genüsslich hielt François Hollande seinem konservativen Konkurrenten Nicolas Sarkozy dessen Schwenks in der Europapolitik vor. Und stichelte gleichzeitig in Richtung Angela Merkel – die ihn vor der Wahl nicht treffen wollte. „Bei Nicolas Sarkozy kann sie sich auf nichts verlassen“, sagte Hollande jüngst in einem Interview. Doch wie steht es mit ihm? Wie tickt Hollande selbst?
Sein Programm: Frankreich ist hochverschuldet, die Arbeitslosigkeit liegt bei 10 Prozent, große Teile der Wirtschaft sind von staatlicher Förderung abhängig. Hollande will dem mit 20 Milliarden Euro neuen Ausgaben und Steuererhöhungen begegnen. Das ist ein Gegenentwurf zu Angela Merkels Sparpolitik, die auf die Schuldenbremse setzt. Auch in der Europapolitik werden diese Konzepte aufeinandertreffen. Hollande will zum Beispiel den Fiskalpakt mit wachstumsfördernden Initiativen ergänzen. Oder sich für Eurobonds einsetzen. Die aber sind für Kanzlerin Merkel tabu.
Seine Strategie: Hollande ist ein umgänglicher Typ, weiß aber sehr genau, was er will. Sicher ist: Hollande wird Merkel nichts vormachen. Er hofft auf einen Regierungswechsel in Berlin ab 2013. Merkel ist für ihn eine Partnerin auf Zeit und aus Vernunft. Der Franzose neigt nicht dazu, seine Meinung ständig zu wechseln – anders als der konservative Sarkozy. Der lieferte das jüngste Beispiel dafür erst neulich. Plötzlich kopierte er Hollande und forderte, der Fiskalpakt müsse durch eine Wachstumspolitik der EZB ergänzt werden. Dabei hatte Merkel ihn auf deren Unabhängigkeit eingeschworen. Wenigstens das dürfte ein Trost für die Kanzlerin sein. Vielleicht lässt es sich leichter mit einem Gegner leben, der eine Linie verfolgt, als mit einem wankelmütigen Freund.
Sein Charakter: Hollande hat nicht das mediterran Ungestüme von Sarkozy. Der Sozialist ist jovial und witzig, aber viel zurückhaltender als der verbal und physisch zudringliche Nicolas Sarkozy. Auch wenn sich Merkel an französische Begrüßungsküsse gewöhnt hat, wird sie es schätzen, wenn der nächste Präsident eine in der Diplomatie nützliche Körperdistanz respektiert. Einem besseren Verständnis zuträglich ist zudem eine weitere Tatsache: Hollande spricht im Unterschied zum bisherigen Staatschef recht gut Englisch.