: Verbrecherisch gemeinnützig
Hamburg soll SS-Traditionsverband die Gemeinnützigkeit aberkennen, fordert der Leiter des Simon Wiesenthal Centers in einem offenem Brief an Bürgermeister Ole von Beust
Dieser Vorstoß könnte der „Hilfsgemeinschaft auf Gegenseitigkeit der Soldaten der ehem. Waffen SS“ (HIAG) die Arbeit erschweren: Das „Simon Wiesenthal Center“ in Jerusalem fordert Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust (CDU) in einem offenen Brief auf, dem HIAG-Landesverband Hamburg die „Gemeinnützigkeit zu entziehen“. Eine Vereinigung, „welche die verbrecherische Waffen-SS verteidigt und ihre Untaten verherrlicht, darf nicht gemeinnützig sein“, erklärt der Leiter des Jerusalemer Büros des Wiesenthal Centers, Efraim Zuroff, in dem Schreiben, welches der taz vorliegt.
Am vergangenen Wochenende hatte der Landesverband, der bundesweit zu den aktivsten gehört, einen „großen Appell“ veranstaltet. Über 300 ehemalige Angehörige der Waffen-SS und Freunde waren zum 55-jährigen Jubiläum in ein Ausflugslokal nach Büchen bei Hamburg gekommen. Die Berichte über das SS-Treffen in der taz hamburg und in Spiegel TV gaben den „Anlass für den Vorstoß“, sagt Zuroff.
In seinem Brief an von Beust schreibt er: „Es ist unerträglich, dass dieser Traditionsverband einer verbrecherischen Organisation als gemeinnützig anerkannt ist.“ Die Waffen-SS sei aktiv am nationalsozialistischen Massenmord und auch an Massenerschießungen beteiligt gewesen.
Auf dem Treffen in Büchen sei auch „Sieg Heil“ gerufen worden, so Zuroff entsetzt. HIAG-Landessprecher Franz Schmitz hatte gegenüber Journalisten beteuert: „Wir halten nicht die Reden und singen nicht die Lieder, die Sie erwarten.“
Allein dem Kalten Krieg, der Gründung der Bundeswehr und dem Wählerpotenzial von 900.000 ehemaligen SS-Angehörigen dürfte 1950/51 die bundesweite Gründung der HIAG geschuldet sein. Denn eigentlich sind seit den Nürnberger Prozessen 1946 die SS und Waffen-SS als verbrecherische Organisationen verboten, die Bildung von Nachfolgeorganisationen ist untersagt.
Durch die Gemeinnützigkeit, die dem Hamburger Vereinsregister zu entnehmen ist, genießt die HIAG in der Hansestadt verschiedene steuerliche Vergünstigungen. Spenden und Erbschaften können leichter steuerbegünstigt angenommen werden. Der Bundesverband wurde bereits 1992 aufgelöst.
Um der HIAG diese Finanzierungsmöglichkeit nicht noch länger einzuräumen, möchte das Wiesenthal Center eine schnelle Aberkennung. „Bitte überprüfen sie die Gemeinnützigkeit der HIAG kurzfristig“, hebt Zuroff hervor. Andreas Speit