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Archiv-Artikel

Das öffentliche Ärgern über das Kulturforum

Am Freitagabend lud Berlins Senatsbaudirektor Hans Stimmann zu einem öffentlichen Rundgang über das Kulturforum. Doch dabei traf er nicht nur auf Befürworter seiner vom Senat beschlossenen Umbaupläne

„Kulturforum“ nennt sich der Raum zwischen Philharmonie und Neuer Nationalgalerie, zwischen Staatsbibliothek und Gemäldegalerie. Hier sollten nach der Vorstellung des Architekten Hans Scharoun gebildete Menschen zwischen den Kulturbauten lustwandeln, mündige Stadtbürger auf dem Weg von einer zur nächsten Bildungsstätte. In seinem Konzept der „Stadtlandschaft“ sind die solitären Gebäude und die weiten Freiflächen zueinander gestellt „wie Wald und Wiese, Berg und See in einer schönen Landschaft“.

All das ist Hans Stimmann ein Graus, und um sein Unbehagen auch öffentlichkeitswirksam zur Schau zu stellen, lud der Senatsbaudirektor am Freitagabend zu einem Rundgang über das Kulturforum. Es sollte, ganz nebenbei, ein kleiner Triumphgang werden, schließlich hatte der Senat Ende April seinen „Masterplan“, das heißt die Bebauung der Freiflächen mit sieben Gebäuden, abgesegnet.

Doch ganz so sicher war sich wohl auch Berlins oberster Stadtplaner nicht, sonst hätte er nicht noch einmal alle Argumente gegen Scharoun aufgefahren. Eines davon lautete: autogerechte Stadt. „Scharoun vollenden heißt, Parkplätze zu bauen“, lautete einer seiner Einwände. Ein anderer: Das Kulturforum sei ein „Friedhof unserer Vergangenheit“. Stimmanns Begründung: Das Kulturforum zeichne sich aus durch schlechte Orientierung, fehlende Wegverbindungen, fehlendes öffentliches Leben. Kein Ort zum Verweilen also und Anlass für die Frage: Wie lassen sich diese Defizite beheben?

Erster Angriffspunkt für den Senatsbaudirektor, das wurde bei diesem Rundgang deutlich, ist die so genannte Piazetta, jene schräg ansteigenden Ebene, die zur Gemäldegalerie hinaufführt. „Wenn man das ganze Gerümpel abreißen würde“, meinte Stimmann, könnte ein ebenerdiger Eingang für die drei angrenzenden Museen geschaffen werden. Das Problem, dass keines der Museen eine echte Eingangsfassade besitzt, hat die Verwaltung auch schon gelöst: Der entstehende Platz soll mit einer umlaufenden Kolonnade gesäumt werden, die den Museen ein „einheitliches Gesicht gibt“. Vorbild ist die Museumsinsel.

Bis zu sieben neue Gebäude sollen dem Kulturforum insgesamt neues Leben einhauchen. Galerien, Läden, ein Kaffeehaus; das quirlige Treiben des Potsdamer Platzes soll sich auf das Kulturforum ausdehnen.

Kritische Stimmen kommen dabei nicht nur von Edgar Wisniewski, dem Architekten der Staatsbibliothek, der das Erbe Scharouns mit einem „Haus der Mitte“ vollenden will. Auch Heinrich-Wilhelm Wörmann und Johannes Wirthgen vom SPD-Bezirksverband Tiergarten plädieren gegen den Masterplan von Stimmann und die Vollendung des Kulturforums nach den Plänen des 1972 verstorbenen Scharoun und seines Kompagnons Wisniewski. Im „Haus der Mitte“, argumentieren sie, könne der gesamte Raumbedarf befriedigt werden, den Stimmmann mit seinen sieben Neubauten schaffen möchte.

Neben der Finanzierung müsse auch die Notwendigkeit dieser Bauten nochmals überprüft werden, im fragilen Gebilde der „Stadtlandschaft“ dürfe nicht überhastet gebaut werden. Vielleicht sind kommende Generationen einmal froh über die Leere des Platzes.

Thomas-Hein Schulz-Altcappenberg, Direktor des Kupferstichkabinetts, stört am meisten, dass das Kulturforum derzeit so schlecht geredet wird. „Wir machen seit Jahren hervorragende Arbeit. Mit 375.000 Besuchern im Jahr zählen wir zu den erfolgreichsten Kupferstichkabinetten der Welt. Bei guten Programmen finden die Leute sogar durch einen Urwald hierher, das hat die Nofretete-Ausstellung bewiesen.“ FLORIAN HEILMEYER