kritik der woche : Ein Opel wird nie ein Mercedes
„Also“, sagt der Mann und zittert vor Aufregung, „mir hat das Stück gar nicht gefallen.“ Vorhersehbar und klischeehaft sei das gewesen und so weiter. Jetzt sind die Menschen im Foyer der Städtischen Bühnen wieder voll da, um und im „Zehn nach“, der Diskussion nach der Aufführung.
Regisseur Heinz Kreidl ist ein guter Beobachter: „Sie machen den Eindruck, als stünden Sie vor einem Opel und wären wütend darüber, dass er kein Mercedes ist“, kontert er schlicht. Damit geht das Gastspiel des Staatstheaters Braunschweig beim 23. norddeutschen Theatertreffen in Osnabrück zu Ende, und endlich können alle rüber ins Theaterzelt, also die Festivalkneipe, und sich wie anständige Künstler benehmen.
Boulevardesk, so der Vorwurf des wütenden Zuschauers, war an „God save America“ der serbischen Dramatikerin Biljana Srbljanovic eigentlich nichts. Das Stück über den Absturz eines einstigen Vorzeige-American-Dream-Yuppies war lediglich klar erzählt. Ohne Schicki-micki-Experimente, ganz darauf konzentriert, ein scheinbar realistisches Szenario mit bemitleidenswerten Figuren aufzubauen.
Hauptdarsteller Götz van Ooyen sammelte Pluspunkte mit seiner unaffektiert glaubwürdigen Spielweise, die Bühne von A. Christian Steiof erlaubte mit schlichter Beleuchtungsarbeit ein dynamisches Spiel an fünf verschiedenen Handlungsorten. Bloß ein paar alberne Überzeichnungen störten das Bild. Ein guter Theaterabend also. Aber wäre man dafür extra nach Braunschweig gefahren?
Norddeutsches Theatertreffen in Osnabrück – das heißt: Alle, die nicht in Osnabrück wohnen, können sich hier für zehn Tage einmieten und müssen für eine Menge Theater aus Norddeutschland nur einmal fahren. Und die Osnabrücker selbst müssen noch viel weniger tun. Sie müssen einfach nur hingehen. Und natürlich das Festivalgefühl genießen. Denn wenn dort schon einmal so etwas stattfindet, dann kriegt es die ganze Stadt mit. Die Neue Osnabrücker Zeitung druckt täglich Sonderseiten, es gibt Stadtführungen zur lokalen Theatergeschichte, Patenschaften für Schulklassen und, wie gesagt, Podiumsdiskussionen. Ob und wie weit so etwas das Theater nach vorne bringt, ist unsicher. Aber eine liebevoll organisierte Bestandsaufnahme ist es doch. Anne Diekhoff
Norddeutsches Theatertreffen, Osnabrück. Bis 11. Juni.Infos: www.ntt2005-osnabrueck.de