: US-Senator fordert Schließung Guantánamos
Der einflussreiche US-Demokrat Joseph Biden verlangt die Auflösung des Gefangenenlagers auf Kuba. Amnesty international kritisiert weltweites System US-amerikanischer Geheimgefängnisse als „Gulag“ der heutigen Zeit
WASHINGTON afp/dpa ■ Nach dem Skandal um das US-Gefangenenlager Guantánamo hat der einflussreiche US-Senator Joseph Biden die Schließung der Anlage gefordert. Durch den schlechten Ruf, den das Lager in der Welt habe, bringe es US-Bürger in Gefahr, sagte Biden am Sonntag (Ortszeit) dem TV-Sender ABC. Er forderte eine unabhängige Untersuchung der Lage in Guantánamo, im US-Gefängnis Abu Ghraib bei Bagdad sowie in anderen Einrichtungen.
Biden sprach sich dafür aus, die auf dem US-Marinestützpunkt Guantánamo auf Kuba inhaftierten Gefangenen zu verlegen. Insassen, die für die Geheimdienste noch wichtig seien, sollten in anderen Haftanstalten untergebracht werden. Alle anderen müssten in ihre Heimatländer zurückgeschickt werden, forderte der Führer der oppositionellen Demokraten im Auswärtigen Ausschuss des US-Senats.
Der demokratische Senator Christopher Dodd vom Auswärtigen Ausschuss des Senats sagte, er gehe nicht so weit, die Schließung von Guantánamo zu fordern. Stattdessen sprach er sich für Anhörungen im Kongress zu den Vorfällen in den US-Gefangenenlagern im Ausland aus. Das Gefangenenlager in Guantánamo war nach den Anschlägen vom 11. September 2001 in den USA zur Unterbringung und Vernehmung von Terrorverdächtigen eingerichtet worden. Immer wieder gab es Berichte über Misshandlungen; zuletzt musste die Armee am Freitagabend einräumen, dass US-Wachen den Koran in Guantánamo entweiht haben. Unter anderem wurde eine Ausgabe mit Urin bespritzt – versehentlich, wie es hieß.
Die Menschenrechtsorganisation amnesty international (ai) erklärte, die USA unterhielten ein weltweites Netz von Gefängnissen und geheimen Lagern, deren Insassen zum Teil ohne Kontakt zur Außenwelt festgehalten würden. Es gebe in der ganzen Welt ein wahres „Archipel von Gefängnissen“. Dort würden Menschen „buchstäblich verschwinden und ohne Kontakt zu einem Anwalt, einem Gericht oder ihrer Familie festgehalten“, sagte ai-Sprecher William Schulz. Im Jahresbericht 2005 hatte ai das Lager in Guantánamo als den „Gulag“ der heutigen Zeit bezeichnet. US-Präsident Bush hatte den Vergleich als „absurd“ zurückgewiesen. Schulz sagte dazu, der Vergleich sei nicht wörtlich zu nehmen, es gebe aber „Ähnlichkeiten“.