: Ruhe für die Binnendüne
LANDSCHAFTSSCHUTZ Die Stadt lehnt einen Bebauungsplan für das Umfeld des Schutzgebietes ab. Dort schlummern 3.000 Jahre alte Siedlungsreste aus der Bronzezeit, die nicht überbaut werden sollen.
Landesschutzgebiete sind niedrigschwellige Naturschutzgebiete nach Paragraf 26 des Bundesnaturschutzgesetzes. Welche Flächen Schutzgebiete werden, entscheiden die Bundesländer.
■ Artenvielfalt, Eigenart und kulturhistorische Bedeutung sind Gründe für die Unterschutzstellung.
■ Auch Erholungsgebiete können als Landschaftsschutzgebiete ausgewiesen werden. Die Schutzgebiete müssen in Bebauungsplänen dargestellt werden.
■ Nicht zulässig ist eine Bebauung dieser Flächen. In Bremen stehen neben der Binnendüne die Stromer Feldmark und das Blockland unter Landschaftsschutz. (CP)
Weit im Bremer Norden gibt es einen Landstrich, an dem sich seit mehreren Jahren die Geister scheiden: die Binnendüne. Es handelt sich dabei um ein Flugsandfeld, das in der Eiszeit vor rund 10.000 Jahren entstanden ist.
Die Bremer Wohnungsbaugenossenschaft Gewosie wollte das nordwestlich der Düne gelegene Gebiet trotz des archäologisches Interesses mit Wohnblöcken bebauen. Die Bürgerinitiative „Aktionsgemeinschaft Binnendüne“ kämpft seitdem für den Erhalt der archäologisch wertvolle Fläche. Auch Archäologen der Berliner Humboldt-Uni kartografieren gerade dieses Gebiet, um mögliche Überbleibsel aus der Bronzezeit zu finden.
Der Kampf der Naturschützer scheint erfolgreich zu sein. Denn im Moment stehen die Chancen sehr gut, dass sowohl die Binnendüne als auch die im Umfeld gelegenen Gebiete nicht bebaut werden. Das wird vom zuständigen Bauressort bestätigt. „Die Bremer Binnendüne ist uns als archäologische Fläche sehr wichtig“, sagt Hildegard Kamp, Mitarbeiterin des Senators. Deswegen stünde die Düne auch immer noch unter Landschaftsschutz.
Das direkte Umfeld der Düne ist aus diesem Schutz 2002 im Zuge der Errichtung eines Golfplatzes herausgefallen und von der Gewosie günstig aufgekauft worden. Im Flächennutzungsplan wurde dieses Gebiet damals als Wohnbaufläche ausgezeichnet. Ein für den Bau von Wohnungen nötiger Bebauungsplan, mit dem die Gewosie zum Zeitpunkt des Erwerbs wohl rechnete, wurde jedoch nie aufgestellt. Die Gewosie hatte eine sehr dichte Bebauung geplant.
Im Jahre 2005 ist dann im Koalitionsvertrag zwischen SPD und Grünen der Schutz der Binnendüne ausdrücklich vereinbart worden. Somit könnte sich der Erwerb der Fläche für die Gewosie als Fehlinvestition erweisen, da sie das Gelände ohne Bebauungsplan nicht nutzen darf. Im Moment stehen die Chancen sogar gut, dass diese umliegenden Gebiete wieder in das Landschaftsschutzprogramm aufgenommen werden. „Eigentlich besteht kein Zweifel daran, dass es sich hier um ein Schutzgebiet handelt“, sagt Kamp. Bei der derzeitigen Neuaufstellung des Landschaftsprogrammes werde die Wiederaufnahme geprüft.
Eine Studie zum Bremer Wohnbedarf hat der Gewosie zudem den Wind aus den Segeln genommen. Danach gibt es gerade im Bremer Norden kaum Nachfrage für die geplanten Wohnungen. Die Gewosie wollte sich gegenüber der taz nicht über ihre Bebauungspläne für das Gelände äußern.
„Im Moment läuft alles im Sinne der Aktiven vor Ort“, so Kamp. Davon ist auch die Sprecherin der Bürgerinitiative „Arbeitsgemeinschaft Binnendüne“, Angela Scholz, überzeugt. Über 1.700 Unterschriften hat die AG für ihr Anliegen gesammelt. „Damit haben wir gezeigt, dass das Thema auch außerhalb des unmittelbar betroffenen Umfeldes interessiert“, sagt sie.
Der AG ist es wichtig, auch für den Bereich außerhalb der Düne zu kämpfen. „Wir vermuten hier 3.000 Jahre alte Siedlungsreste aus der Bronzezeit“, sagt Scholz. Außerdem könnten sich weitere Urnengräber, Grabbeigaben und vielleicht ein Hügelgrab unter der Erdoberfläche befinden. Neben der archäologischen Bedeutung will die AG auch verstärkt auf die Artenvielfalt im Gebiet hinweisen. Rund 60 verschiedene Tierarten leben in der Düne. Darunter stehen die meisten, wie das Rebhuhn oder die Zwergfledermaus, auf der Roten Liste gefährdeter Tierarten.
CHRISTOPH PAGEL