: Die Grenzen des Unterhalts
FREIBURG taz ■ „Verwandte in gerader Linie sind verpflichtet, einander Unterhalt zu leisten“, heißt es im Bürgerlichen Gesetzbuch. Das gilt auch für Kinder gegenüber ihren Eltern, wenn jene zum Beispiel Pflegekosten nicht mehr zahlen können.
Der Anspruch der Senioren ist in Gesetz und Rechtsprechung relativ schwach ausgestaltet. So gehen andere Unterhaltsansprüche vor, etwa wenn die Kinder inzwischen eigenen Nachwuchs haben. Ansonsten müssen Kinder für ihre Eltern nur dann zahlen, wenn sie selbst leistungsfähig sind. Den Kindern muss dabei zumindest ein eigener „angemessener Unterhalt“ verbleiben. Was das konkret heißt, haben die Gerichte, insbesondere der Bundesgerichtshof (BGH), in den vergangenen Jahre definiert.
So muss niemand für den Elternunterhalt eine „spürbare und dauerhafte“ Senkung seines Lebensstandards hinnehmen, erklärte der BGH im Jahr 2002. Vielmehr bleibe den Kindern ein Selbstbehalt, der sich nach der „Lebensstellung“ des Unterhaltspflichtigen bemisst, wobei es auf Einkommen, Vermögen und „sozialen Rang“ ankomme.
Das Bundesjustizministerium machte im März bei der mündlichen Verhandlung am Verfassungsgericht folgende Rechnung auf: Zahlungspflichtige Kinder können von ihrem Einkommen auf jeden Fall monatlich 1.250 Euro selbst behalten und weitere 5 Prozent der Einkünfte für eigene Altersvorsorge zurücklegen. Von dem dann verbleibenden Einkommen müssen die Kinder nur die Hälfte an die unterhaltsbedürftigen Eltern abgeben. Unter Umständen muss aber auch das Vermögen der Kinder eingesetzt werden. Ein Verkauf des Eigenheims gilt allerdings in der Regel als nicht zumutbar.
Für Pflegekosten, die weder der Pflegebedürftige noch die Pflegeversicherung abdecken, kommt ansonsten der Steuerzahler über die Sozialhilfe auf. Meist tritt dabei die Kommune in Vorleistung und versucht erst später, das Geld von Angehörigen zurückzuholen.
Eine Entlastung für die Kinder bedürftiger Senioren bringt neben der BGH-Rechtsprechung auch das seit Januar 2003 geltende Grundsicherungsgesetz. Alte, deren Rente zu gering ist, haben Anspruch auf Leistungen in Höhe des Sozialhilfesatzes. Das Geld darf von ihren Kindern nur dann zurückgefordert werden, wenn diese mehr als 100.000 Euro pro Jahr verdienen. Diese 100.000-Euro-Grenze gilt allerdings nicht für die meist viel höheren Kosten eines Pflegeheims.
CHRISTIAN RATH