WAS MACHT EIGENTLICH ... Berlins Tourismus-Chef? : Den Besen schwingen
Sie kennen das: Morgens auf dem Gehweg weht Ihnen der Wind Media-Markt-Prospekte um die Beine, der Blick aus der S-Bahn ist von Scratchern verhunzt, und wenn Sie die Mittagspause auf der Parkbank verbringen wollen, rinnt von der Sitzfläche frisch Erbrochenes.
Aber jetzt sind die Tage der Verwahrlosung gezählt: Berlins oberster Fremdenführer hat den Schmutzfinken tief ins Gewissen geredet. Hanns Peter Nerger, Chef der Berlin Tourismus Marketing GmbH (BTM), bittet uns mit Blick auf die nahende Fußball-WM um mehr Reinlichkeit: „Wir müssen in den Straßen, in den Grünanlagen mehr optische Signale unserer Gastfreundschaft geben.“ Und weil in den Problembezirken keiner diesen Technokratensprech versteht, hier noch einmal auf Deutsch: Kinder, wir kriegen Besuch. Wenn’s klingelt, muss die Stube aufgeräumt sein!
Dass wir auch artig antworten, wenn man uns was fragt, steht auf Nergers Sorgenliste gleich an zweiter Stelle. Die Internationalität des Berliners könnte bekanntlich durchaus ein wenig Nachhilfe gebrauchen. Von der Speisekarte bis zur Warenhausverkäuferin wünscht sich der BTM-Boss mehr Englischkenntnisse. Auch die Ansagen in U- und S-Bahn könnten doch zweisprachig vom Band scheppern.
Sie ahnen schon: Das ist hoffnungslos. Ordentlich und höflich wird man an der Spree in tausend Jahren nicht. Insgeheim ahnt es wohl auch Nerger, wenn er über die Stimmung auf der „WM-Festmeile“ Straße des 17. Juni sagt: „Es kann so ähnlich werden wie an Silvester.“ Wer den Jahreswechsel einmal am Großen Stern begangen hat, weiß: Das ist eine Drohung. CLP FOTO: AP