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Massengräber für die Flutopfer

In Libyen läuft die Nothilfe an. Der Bürgermeister von Darna spricht von bis zu 20.000 Toten

Von Jannis Hagmann

Nach den Sturzfluten mit Tausenden Toten in Libyen ist die Hilfe für das Land angelaufen. Die Türkei schickte nach eigenen Angaben ein Schiff mit Ausrüstung und knapp 150 Helfer*innen, um zwei Feldlazarette in Libyen einzurichten. Etliche Staaten schickten Hilfsgüter in das nordafrikanische Land. Auch Rettungsteams haben Libyen mittlerweile erreicht. Das Land hatte am Mittwoch ein internationales Hilfeersuchen gestellt. Aus Deutschland brachte das Technische Hilfswerk (THW) Hilfslieferungen auf den Weg, darunter Decken, Zelte, Feldbetten und Stromgeneratoren.

Vor Ort wurden bis Donnerstag mehr als 3.000 Todesopfer begraben, teils in Massengräbern. Weitere 2.000 bereits geborgene Leichen mussten noch bestattet werden. Am Mittwoch waren die toten Körper von 84 Ägyp­te­r*in­nen in ihr Heimatland zurückgebracht worden. Die Zahl der Toten könnte aber noch deutlich höher liegen. Der Bürgermeister der ostlibyschen Küstenstadt Darna, Abdel-Moneim al-Gheithy, sagte am Donnerstagmorgen gegenüber dem arabischen Fernsehsender Al-Arabija, dass bis zu 20.000 Menschen getötet worden sein könnten. Tausende Menschen werden aktuell noch vermisst.

Die Stadt Darna, die vor der Katastrophe knapp 100.000 Ein­woh­ne­r*in­nen hatte, war von den Überschwemmungen besonders stark betroffen. Das Sturmtief „Daniel“ hatte der Küstenregion extrem starke Regenfälle gebracht. In der Wüste sammelte sich das Wasser und floss in ungewöhnlich großen Mengen durch Wadis Richtung Mittelmeer, dabei auch durch das Stadtgebiet von Darna. Vor der Stadt brachen zusätzlich noch zwei Dämme, was die Katastrophe noch verschärfte.

In Libyen sind unterdessen Forderungen nach Konsequenzen laut geworden. Der Vorsitzende des libyschen Präsidialrats, Mohammed al-Menfi, forderte eine umfassende Untersuchung. Alle Verantwortlichen müssten zur Rechenschaft gezogen werden, darunter jene, die zu verantworten hätten, dass die zwei Staudämme dem Druck der Wassermassen nicht standhielten.

Der Regierungschef der international anerkannten Regierung in der Hauptstadt Tripolis schrieb auf X: „Ich habe den Generalstaatsanwalt aufgefordert, eine Untersuchung des Zusammenbruchs der Dämme von Darna einzuleiten, und ich habe die zuständigen Behörden angewiesen, in dieser Angelegenheit uneingeschränkt zu kooperieren.“

Libyen ist jedoch faktisch zweigeteilt. Die Überschwemmungsgebiete liegen nicht im Herrschaftsbereich der Tripolis-Regierung, sondern in dem des ostlibyschen Herrschers Chalifa Haftar. Die Dämme wurden vor Jahrzehnten errichtet und sollen lange nicht mehr gewartet worden sein.

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