„Nichts zu tun, kostet viel Geld“

Experten empfehlen der Bundesregierung: Wer Armut weltweit bekämpfen will, muss die Umweltpolitik stärken

BERLIN taz ■ Mehr als 500 Millionen Menschen haben extreme Armut überwunden, 30 Millionen Kinder werden jedes Jahr davor bewahrt, vor ihrem fünften Lebensjahr zu sterben, 350 Millionen Menschen sind erstmalig mit sauberem Trinkwasser versorgt: So könnte die Welt im Jahr 2015 aussehen, wenn die Millenniumsziele der Vereinten Nationen eingehalten werden. Doch sind diese in Gefahr, konstatierte gestern der Wissenschaftliche Beirat für Umweltfragen. Klima- oder Bodenschutz seien zu stark an „den Rand gedrängt“ worden.

„Keine Entwicklung ohne Umweltschutz“, titelt das Gremium das die Bundesregierung berät, seine Empfehlungen (www.wbgu.de). Schließlich reiche eine Dürre oder Flut in Armutsregionen schon aus, um die Existenz vieler Familien zu zerstören. Für Entwicklungsländer sei die Landwirtschaft extrem wichtig, der Klimawandel entsprechend bedrohlich. Spätestens 2050 werde jeder Vierte in einem Land leben, in dem Wasser knapp sei. Schon heute litten mehr als 250 Millionen Menschen unter der Ausbreitung der Wüsten. Umweltprobleme verschärften Armut.

Deshalb müsse sich Deutschland, so fordern die Wissenschaftler nun, vor allem für drei Punkte stark machen: Brasilien, China oder Indien „können und sollen sich zunehmend an den Kosten von Armutsbekämpfung und Umweltschutz beteiligen“. Alle drei sind Schwellenländer, mit enormem wirtschaftlichem Wachstum. Zugleich soll die UNO ähnlich dem Sicherheitsrat einen „Rat für Globale Entwicklung und Umwelt“ einrichten. Bislang gibt es nur das UN-Umweltprogramm. Und: In die Entwicklungshilfe soll dreimal so viel Geld fließen wie bisher.

Es lohnt sich. Beispiel Erderwärmung: Die Kosten für Schäden sind zehnmal so hoch wie die, um Treibhausgase zu vermeiden, so die Experten. Sie sind überzeugt: „Tatenlosigkeit ist teuer.“ HANNA GERSMANN