: Die Elfverbesserer
Die Aufregung im deutschen Team vor dem ersten Spiel im Confederations Cup gegen Australien steigt – nur einer bleibt ruhig: Altkapitän Oliver Kahn
AUS FRANKFURT MARKUS VÖLKER
Es ist verständlich, dass Oliver Kahn an Jürgen Klinsmann Zeichen von Nervosität erkannt hat. Der erste Gegner der DFB-Elf im Confederations-Cup, Australien, ist kein Kleiner. Die gibt es ja seit dem Diktum des Rudi Völler („Über das Verschwinden der Zwerge aus Fußballland“) ohnehin nicht mehr. Für zusätzliche Adrenalinschübe im Körper Klinsmanns dürfte der Fakt sorgen, dass der Ozeanien-Meister einen Fußball-Weltrekord hält. Das 31:0 gegen Amerikanisch-Samoa aus dem Jahre 2001 ist der höchste Erfolg in einem WM-Qualifikationsspiel überhaupt.
Zudem verfügen die Aussies über reichlich Erfahrung bei diesem Sommerfußballturnier; sie sind ein echtes Confed-Country. Das Team stand einmal im Finale dieser so genannten Mini-WM und hat sogar einmal das Team Brasiliens im Spiel um Platz drei mit 1:0 bezwungen. Die Australier, so viel steht fest, lieben ihren Confed-Cup.
In der Situation aufkeimender Unruhe und gesteigerten Lampenfiebers ist es gut, dass ein Mann von Erfahrung vor die Presse tritt, ein Elder Statesman, den man zuletzt nur noch am Katzentisch des Fußball sehen konnte: Gerhard Mayer-Vorfelder. Er, der sich nach eigenen Angaben in der Corona der Nationalelf bewegt hat, sagte am Dienstag im Frankfurter Interconti: „Sie sind heiß.“ MV, der halbe Präsident, unterstütze den Kurs der Elfverbesserer – „in vollem Umfang“. Dann brach Mayer-Vorfelder auf und war sichtlich froh darüber, dass ihn Oliver Kahn nicht links liegen ließ, sondern ihm die Hand gab.
Abgeklärt sprach er, der erste Ballfänger der deutschen Nationalmannschaft, eine Distanz zum Projekt der Runderneuerung demonstrierend, die fast schon ein bisschen unverfroren wirkte. Gehört er vielleicht sogar zum Kreis der Klinsmann-Kritiker, die die Süddeutsche Zeitung unlängst mit den folgenden Worten abgewatscht hatte: Es werde „an den neuen Chefs herumgenörgelt“. Weiter heiß es: „Schwerer noch, als aus der Wüste eine blühende Landschaft zu machen, ist es, die knöcherne Allianz aus Grantlern, Gurus und Gestrigen zu überzeugen.“
Nein, Kahn ist keiner der Vaterlandsverräter. Dennoch kann er sich einen gesunden Abstand zum Kreis der Optimierer leisten, einer Combo, die mittlerweile 25 Personen umfasst. Acht Mediziner und Physiotherapeuten sind darunter und zwei extra Fitmacher, die daran arbeiten, dass die Kicker antrittsschneller werden und auch ihre Denkprozesse beschleunigen. Kahn macht das alles ohne Murren mit, doch begeistern tut ihn das Hantieren mit Gummibändern und das Trainieren zu Musik von „50 Cent“ nicht so sehr. Bei „den Jungen“ (Kahn) sieht das anders aus. Löw hat „Begeisterung und Enthusiasmus“ ausgemacht, selbst bei Übungen ohne Ball.
Für die Jungen sei dieses Turnier da, sagte Kahn – für einen Mertesacker, Schweinsteiger oder Hanke: „Wir haben viele junge Spieler, die international noch nicht so gefordert worden sind.“ Kahn muss keine Prüfung bestehen, er muss keinem etwas beweisen, nicht mehr, nicht beim Confed-Cup. Gegen Australien erwartet Kahn ein umkämpftes Spiel, „so wie in der englischen Premier League, wo viele von denen spielen“. Die Leute vor ihm müssten den Kampf annehmen, forderte er. Das ist keine leere Ansage, denn Klinsmanns offensive Ausrichtung ist Kahn nicht ganz geheuer, vor allem dann nicht, wenn Glieder der Viererkette aus dem Verbund zu springen drohen. „Dieses schnelle Spiel, das Jürgen fordert, muss auch nach hinten gewährleistet werden“, sagte Kahn, der Kapitän a. D.
Jürgen Klinsmann will den Cup gewinnen. „Wir freuen uns enorm“, sagt er und strahlt angestrengter als die Lachbacken auf dem offiziellen WM-Logo. Oliver Kahn sieht die Sache entspannter. „Wenn wir nicht gewinnen, dann geht die Welt nicht unter, wir haben ja noch ein Jahr, um die nötigen Veränderungen anzubringen.“ Er meint die Jungen, nicht sich selbst.