: Probleme mit der Übermannschaft
HANDBALL-BUNDESLIGA Nach dem 34:38 gegen den THW Kiel muss der HSV um die Champions League bangen
Genau eine Woche nach dem Halbfinale im DHB-Pokal trafen der HSV Handball und der THW Kiel in der Hamburger Arena wieder aufeinander. Vor dem Spiel interessierten vor allem zwei Fragen: Ist der HSV noch einmal zu so einem Kraftakt gegen die Übermannschaft aus Kiel fähig, wie bei der unglücklichen Niederlage im Pokal? Und reicht dem als Double-Sieger schon feststehenden THW die Aussicht, als erste Mannschaft ohne Minuspunkt Deutscher Meister zu werden, um sich zur Normalleistung aufzuschwingen?
Es reichten ganze zehn Minuten, um fast alle Fragen zu beantworten. Da führten die Kieler mit 8:4, ohne besonders glänzen zu müssen, und zwangen Hamburgs Trainer-Präsident Martin Schwalb dazu, seinen fahrigen Spielern in einer Auszeit den Kopf zu waschen. „Wir haben den THW, der sowieso schon mit viel Selbstbewusstsein durch die Lande reist, aufgebaut“, meinte Schwalb später. Als Konsequenz wechselte er seinen kompletten Rückraum aus, brachte Blaženko Lacković, Domagoj Duvnjak und den Routinier Renato Vugrinec für Marcin Lijeweski, Michael Kraus und Pascal Hens.
Die neue Formation schaffte es immerhin, die Abwehr zu stabilisieren und auch das Angriffsspiel ausgeglichener zu gestalten, wobei sich Duvnjak und Vugrinec als Torschützen hervortaten. Das Nervenkostüm blieb allerdings dünn – besonders das von Matthias Flohr, der Filip Jicha in vollem Lauf mit einem Foul stoppte und die rote Karte sah. Die Zuschauer reagierten wütend, da sie vorher ein Foul von Jicha gesehen hatten. Als kurz darauf Hans Lindberg eine Zwei-Minuten-Strafe erhielt und nur vier HSV-Feldspieler auf der Platte standen, holte sich auch noch der erzürnte Schwalb eine gelbe Karte ab. Damit hielt er immerhin die 13.200 Zuschauer in der ausverkauften Halle wach.
In der zweiten Halbzeit variierten die Zebras weiter schnelle, von Kreisläufer Marcus Ahlm abgeschlossene Kombinationen mit trockenen Würfen aus dem Rückraum. Kim Andersson kam dabei allein auf elf Treffer. Dennoch gab es eine Situation, in der auch dieses Spiel noch hätte kippen können: In der 52. Minute hätten die Hamburger auf zwei Tore herankommen können, als Dan Beutler einen Wurf vom Kreis parierte. Aber keiner seiner Mitspieler war wach genug, den Abpraller aufzunehmen, stattdessen konnte Kim Andersson im zweiten Anlauf verwandeln und seinem schwedischen Landsmann im Hamburger Tor die Zornesröte ins Gesicht treiben.
„Der THW ist in dieser Saison deutlich besser“, war Schwalbs kurzes Fazit der gesamten Spielzeit. Aus der können die Hamburger nur dann noch mit einem blauen Auge davonkommen, wenn sie die letzten drei Spiele gewinnen und den vierten Tabellenplatz verteidigen, der noch zur Qualifikation um einen Champions-League-Platz berechtigt. Genauso wichtig wird für Schwalb sein, nach dem Eiertanz um den Trainerposten, als Präsident endlich einen Coach zu finden, der die nötige Autorität und Klasse besitzt, in Ruhe eine neue Mannschaft aufzubauen. Ohne dass er selbst weiter als Schattenmann dahintersteht.
Der THW hat außer seiner blütenweißen Weste mit nun 60:0 Punkten seinen Spielrhythmus behalten. Pfingsten wartet mit dem Final Four der Champions League noch der Höhepunkt der Saison. RALF LORENZEN