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Archiv-Artikel

Bewegte alte Zeit

NATURFREUNDE Was verband die Wandervögel? Eine Dokumentation ihres Bremer Wirkens

Von kawe

Das Durchschnittsalter der Runde, die sich gestern zur Vorstellung eines Buches über die Jugendbewegung in Bremen auf der „Friedrich“ versammelte, war sicher „60-plus“: Die Autoren Peter Kuckuk und Klaus Auf dem Garten, selbst in ihrer Jugend engagiert dabei, haben in jahrelanger Fleißarbeit alles zusammengetragen, was es über die Bremer Wandervogel-Bewegung um die Jahrhundertwende und den Neuanfang der Jugendbewegung nach 1945 gab.

Die „Wandervögel“ lieben die freie Natur, „beköstigen sich selbst und übernachten im Heu“, so fasste Meyers Großes Lexikon 1911 das neue Phänomen zusammen. Vor allem aber akzeptierten sie „keine andere Autorität als die der Persönlichkeit“.

Mit einer Sonnenwendfeier auf dem Weyerberg in Worpswede ist die erste Bremer Wandervogel-Gruppe im Jahre 1908 aktenkundig geworden. Bis 1912 hatte der „Wandervogel e.V.“ 543 Mitglieder, davon 50 Mädchen.

Die heutigen Veteranen sehen sich „geprägt“ von ihrem jugendlichen Engagement für freies Denken und soziale Verantwortung. Formell war die Bewegung unpolitisch, die intensiven Debatten um einen Arierparagrafen führten allerdings 1914 zur Abspaltung eines jüdischen Wandervogels. Auch in Bremen meldeten sich 1914 viele freiwillig zum „Dienst am Vaterland“.

Auch 1933 gingen die Schicksale der Jugendbewegten weit auseinander. Die Nazis verboten alle unabhängigen Jugendverbände, manche der Wandervögel waren begeistert von der Idee einer einheitlichen „staatlichen“ Jugend, andere kamen in der Nazizeit wegen ihrer fortgesetzten – illegalen – „bündischen Umtriebe“ in Haft.

Nach 1945 gab es den Versuch, an die alte Bewegung anzuknüpfen. Die vorgelegte Chronik endet 1960. Mancher alte Wandervogel fand seine Ideale in der antiautoritären Studentenbewegung wieder, aber auch Ernst Albrecht ist „Wandervogel“, der frühere niedersächsische Ministerpräsident, der seit seiner Dissertation die Auffassung vertrat, unter bestimmten Umständen könne es „sittlich geboten“ sein, wichtige Informationen „auch durch Folter zu erzwingen“. kawe