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Archiv-Artikel

Unschuld beweisen?

betr.: „Das Beste, was für Geld zu haben war“, Kommentar von Christian Semler zum Michael-Jackson-Prozess, taz vom 15. 6. 05

Christian Semler liegt doch kräftig daneben, wenn er konstatiert, das Schicksal des Anklagten, in diesem Falle Herr Jackson, hänge weitgehend davon ab, „ob er in der Lage ist, diese Jury von seiner Unschuld zu überzeugen“. Man kann es wohl nicht oft genug sagen: Es ist nicht Aufgabe eines Angeklagten oder seiner Verteidiger, das Gericht von der Unschuld eines Angeklagten zu überzeugen. Und genauso wenig ist es nicht Aufgabe der Verteidigung, die Unglaubwürdigkeit der Zeugen zu beweisen, auch wenn Herr Semler der Ansicht ist, dass beides, mit welchen Mitteln auch immer, im Fall Jackson gelungen sei.

Beweisen und überzeugen müssen allein die Ankläger, und zwar die Schuld des Angeklagten. Das konnten sie nicht. Dass umgekehrt auf Seiten der Jury, und nicht nur bei ihr, durchaus Zweifel an Jacksons Unschuld bestehen, das reicht für eine Verurteilung nun mal nicht aus, und zwar zu Recht. Jeder Bürger sollte über das Gebot der Unschuldsvermutung und die Bringschuld der Anklage verdammt froh sein, ließe sich im Zweifel doch manch Zweifelhaftes in unser aller Leben finden. Dass ein vielleicht Schuldiger dadurch davonkommt, sollte uns immer noch lieber sein, als viele Unschuldige, die stets ein Bein im Knast haben, weil sie nicht beweisen können, nichts getan zu haben. SUSANNE FELDT, Hannover

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