: Die große Liebe zu einer Holzkiste
KUNSTFIGUR Alexander Marcus zitiert als Sänger virtuos angestaubte Metaphern und spielt mit dem Image des Schmierigen. Jetzt hat er einen Film gemacht, „Glanz und Gloria“. Seine Fans dürfen einen Satz lang mitspielen
VON THOMAS WINKLER
Wer ihn noch nicht kennen sollte: Alexander Marcus ist der am hellsten strahlende Stern am Electrolore-Himmel. Zugegeben, er ist auch der einzige Vertreter des von ihm selbst geschaffenen Genres, in dem Schlager, Volksmusik und Techno friedlich zueinanderfinden. Die Kunstfigur, hinter der sich der Berliner DJ Felix Rennefeld versteckt, hat es als Karikatur eines Schlagersängers zu einigem Erfolg gebracht. In seinen Texten zitiert er virtuos angestaubte Metaphern und in billigen Internetclips tanzt er robotergleich vor drallen Dorfschönheiten. Nun will der demonstrativ schmierige Troubadour mit „Glanz und Gloria“ auch die große Leinwand erobern.
Deshalb lud die Produktionsfirma zur Pressekonferenz ins Colosseum. Die elf Journalisten und zwei Fotografen füllten das riesige Kino allerdings nur sehr spärlich, aber das dürfte der Star kaum gesehen haben: Zu grünem Sakko, rosa Hose und weißen Slippern trug Marcus im dämmerigen Saal eine extrem dunkle Sonnenbrille. Dass er nicht aus seiner selbst verordneten Rolle fiel, wurde auch dadurch sichergestellt, dass das Reden vor allem von Filmproduzent Michael Frenschkowski und Regisseur Andreas Coupon übernommen wurde. Von Coupon wird sowieso allgemein vermutet, dass er federführend die Kunstfigur Alexander Marcus entworfen hat.
Frenschkowski berichtete vor allem von der außergewöhnlichen Finanzierung des Films in einer Mischung aus Crowdfunding und Promi-Betteln. Die in durchaus größeren Mengen auftretenden Fans des Sängers konnten bis zu 149 Euro teure Pakete erwerben, die ihnen eine breite Produktpalette garantierten, vom Aufkleber bis zu Gastauftritten in „Glanz und Gloria“. Das teuerste Paket mussten die Produzenten irgendwann sogar aus dem Angebot nehmen, weil der Umfang des Films die vielen versprochenen Sprechrollen nicht mehr hätte verkraften können. Nun dürfen – neben einigen renommierten, aber hier steif wie Laien wirkenden Schauspielern und dem Ärzte-Schlagzeuger Bela B. – ungefähr achtzig Electrolore-Fans einen Satz aufsagen.
Das ist allerdings nicht das geringste Problem von „Glanz und Gloria“. Verspielt der Film doch das gesamte Potenzial der sorgsam zum Kultphänomen aufgebauten Figur.
Nach den Gesetzen des Trash wird Alexander Marcus zwar gerade für inhaltliche Peinlichkeit und unfreiwillige Komik gefeiert. Aber während Felix Rennefeld in seiner Musik und bei seinen Auftritten vor Publikum geschickt mit den Klischees im Kopf des Konsumenten spielt, ist sein Spielfilmdebüt eben nicht so schlecht, dass es schon wieder gut ist, sondern einfach nur schlecht.
Die Geschichte vom Sangesstar, der abhängig von der Modedroge Egoin und kontrolliert von seiner fiesen Managerin die Freiheit sucht und die große Liebe zu einer Holzkiste findet, klingt zwar erst einmal angemessen absurd. Aber leider zündet der Humor zu keinem Zeitpunkt und verpufft selbst die Selbstironie, weil sie gar zu offensichtlich als Schutzschild für das absehbare Scheitern installiert wurde. Bloß schlecht gemacht ist eben nicht immer lustig.
Bei der Pressekonferenz drängte sich das Gefühl auf, dass das den Machern mittlerweile selbst bewusst geworden ist. Zwar fiel dem Hauptdarsteller niemals sein berüchtigtes Schwiegersohnlächeln aus dem Gesicht, aber Frenschkowski gab zu, dass er mit dem Film kaum ein neues Publikum erschließen wird und „die Hauptzielgruppe die Fans von Alexander Marcus sind“.
■ „Glanz und Gloria“. Regie: Andreas Coupon. Mit Alexander Marcus, Bela B., Ines Aniol, Aykut Kayacik, Globi u. a. D 2012, 95 Min.