berliner szenen: Die Hügel der Hasenheide
Nie weiß ich, was mich auf dem Gipfel erwartet. Als Allererstes nehme ich die Abkürzung durch das, was ich das „Zaubertor“ nenne. Das ist eigentlich kein Tor, sondern eine Art Bogen aus Ästen und Blättern, der am Bergabhang steht. Ich bin jedes Mal davon überzeugt, dass es mir, wenn ich dort durchgehe, die Kraft verleihen wird, die ich brauche, um den Berg hochzulaufen.
Bis vor einem Jahr, als ich mit dem Laufen anfing, wusste ich nicht, dass der Volkspark Hasenheide so eine Anhöhe besitzt. Sie ist nicht so hoch wie der Berg vom Viktoriapark, der Kreuzberg seinen Namen gibt, doch wenn die Bäume kahl sind, reicht die Sicht von der Hasenheide bis zum Südstern. Mittlerweile ist der Berg das Highlight meiner Laufstrecke, zusammen mit dem Rhododendrongarten, den ich vor Kurzem entdeckte und der nach Wald riecht.
Nie aber weiß ich, was ich auf dem Gipfel vorfinden werde. Manchmal sind es andere Jogger*innen, die die im Kreis stehenden Betonpoller als Dehnungsstationen nutzen. Oft werden sie auch als Sitzplätze gebraucht. Im Sommer schlafen dort manchmal obdachlose Menschen und frühmorgens brennt noch ein Lagerfeuer, es wird noch gefeiert und getanzt oder Müll gesammelt. Einmal sah ich eine Gruppe Senior*innen Yoga machen. Ein anderes Mal begrüßten mich aus der Ferne drei Sterni trinkende Punks, als würden sie von einem anderen Planeten winken. Ich winkte zurück und lief außer Atem nach unten weiter.
Meistens bin ich da oben allerdings alleine. Ich habe schon Scherben und Bierdeckel gesehen, die in der Sonne auf dem Boden leuchteten, als wären sie Muscheln und Steine am Strand. Im Moment aber sind es noch gelbe, orangefarbene und rote Blätter, die den ganzen Berg bedecken.
Luciana Ferrando
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