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Archiv-Artikel

„Für mich sind die eine Radieschen-FDP“

Das Linksbündnis wird die Grünen im Wahlkampf angreifen, sagt WASG-Chef Klaus Ernst. Dass sich die Partei für soziale Politik einsetze, grenze an Wählertäuschung

taz: Die Grünen bezeichnen sich als die „moderne linke Partei“. Sind sie das?

Klaus Ernst: Die Grünen sind keine linke Partei mehr. Selbst wenn sie jetzt ein Programm aufstellen, das in die richtige Richtung ginge, würde das nicht helfen. Sie sind unglaubwürdig geworden. Sie hatten sieben Jahre Zeit, eine andere Politik zu machen. Wenn sie jetzt das Soziale neu entdecken, ist das Augenwischerei. Das grenzt an Wählertäuschung.

Die Grünen wollen jetzt die Regelsätze für Arbeitslosengeld-II-Empfänger erhöhen. Ist das nicht sozial?

Die Erhöhung der Regelsätze löst doch nur einen Teil des Problems. Bei den Hartz-Reformen geht es grundsätzlich um die Enteignung der Bürger, die ihre Hosen runterlassen müssen, bevor sie überhaupt Arbeitslosengeld bekommen. Und nicht nur die, sondern auch ihre Partner, ihre Familien und ihre Kinder. Das ist der Skandal, den die Grünen mit zu verantworten haben.

Dennoch decken sich einige Positionen mit Ihren. Auch die Grünen wollen jetzt Mindestlöhne sowie eine Erbschaft- und Vermögensteuer für Privatleute einführen.

Das begrüße ich auch ausdrücklich. Allerdings haben die Grünen in den vergangenen Jahren in der Steuerpolitik doch vor allem die Großen entlastet. Und Menschen wie Rezzo Schlauch waren es, die zuerst die Tarifautonomie in Frage stellten. Damit haben die Grünen das Tor geöffnet für viel radikalere Forderungen der CDU. Das werden wir als Linksbündnis im Wahlkampf auch thematisieren. Ich kann wirklich keinen Linksruck bei den Grünen erkennen – höchstens den Versuch, sich links zu gebärden. Für mich sind die Grünen mittlerweile eine Radieschen-FDP.

Die Grünen stehen noch immer für Ökologie. Macht sie das nicht unentbehrlich?

Es war das größte Verdienst der Grünen, diesen Gedanken in allen Parteien etabliert zu haben. Sie haben auf dieses Thema aber keinen Alleinvertretungsanspruch. Auch die WASG berücksichtigt ökologische Belange. Uns geht es um ökologisch verträgliches Wachstum.

Die WASG ist der erste ernsthafte Versuch einer Parteineugründung nach den Grünen. Können sie von den Grünen noch etwas lernen?

Nicht viel. Die Grünen haben sicher ihre Verdienste. Aber in der Arbeitsmarkt-, Steuer- und Sozialpolitik haben sie sich sehr schnell den etablierten Parteien angepasst. Diesen Weg wollen wir nicht gehen. INTERVIEW: KLAUS JANSEN