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Archiv-Artikel

Im Sudan beginnt ein neuer Krieg

Ostsudanesische Rebellen eröffnen aus Eritrea heraus eine Offensive am Roten Meer. Auf Südsudan und Darfur folgt Sudans dritter Krieg. Bewaffnete Gruppen verbünden sich

BERLIN taz ■ Erst Südsudan, dann Darfur im Westsudan und jetzt Ostsudan am Roten Meer: Im Sudan ist ein neuer Bürgerkrieg aufgeflammt. Bewaffnete Rebellen sind seit dem Wochenende aus ihren Basen in Eritrea auf dem Vormarsch nach Sudan hinein und rückten gestern auf die Stadt Tokar vor, auf halbem Weg zwischen der eritreischen Grenze und Sudans größtem Ölhafen Port Sudan. Ein Sprecher des Rebellenbündnisses Joint Eastern Forces sagte, man habe drei Regierungsgarnisonen erobert und große Mengen an Waffen erbeutet. „Dies ist ein richtiger Krieg“, erklärte Rebellensprecher Salah Barqueen. „Alle Verteidigungslinien des Feindes sind überrannt.“

Seit zehn Jahren gibt es immer wieder Unruhen im Osten des Sudan, dessen Bevölkerung sich ähnlich wie die im Süden und im Westen des riesigen Landes von der Zentralregierung in Khartum marginalisiert sieht. Ostsudans älteste bewaffnete Gruppe Beja Congress unterhält Basen im Nachbarland Eritrea, dessen Regierung mit der des Sudan schon lange im Clinch liegt. Sie hat sich nun mit einer weiteren lokalen Gruppierung namens Freie Löwen zu einer „Ostfront“ (Eastern Front) zusammengeschlossen. Ihre militärische Offensive nach Sudan hinein unternimmt sie gemeinsam mit einer Rebellenbewegung aus Darfur, der „Bewegung für Gerechtigkeit und Gleichheit“ (JEM). JEM und Ostfront zusammen bilden die Joint Eastern Forces, die für die neuesten Kämpfe verantwortlich zeichnen. Sudans Regierung beschuldigt darüber hinaus Eritrea, die ostsudanesischen Rebellen aktiv zu unterstützen. Dies bestreitet Eritreas Regierung.

Die JEM, die jüngst stark aufgerüstet haben soll, bestätigte ihre Beteiligung an der Offensive im Ostsudan. „Wir brauchen eine Gesamtlösung für Sudans Probleme“, erklärte JEM-Führungsmitglied Abdelaziz Osher in Eritrea. „Solange die Regierung Teillösungen anbietet, auch wenn es ein Abkommen zu Darfur gibt, setzen wir den Kampf woanders fort.“

Unterstützt wird die neue Rebellion auch von Südsudans SPLA-Rebellen (Sudanesische Volksbefreiungsarmee), die im Januar nach 20 Jahren Kampf gegen Sudans Zentralregierung per Friedensabkommen Autonomie für ihr Gebiet erstritten. Sie wollen dieses Konzept nun auf Darfur und weitere Landesteile in Sudans Nordhälfte ausweiten. SPLA-Führer John Garang, zukünftiger Machthaber im autonomen Südsudan, reiste parallel zum Beginn der Kämpfe am Roten Meer nach Eritrea und erklärte: „Wir sympathisieren mit Darfur und Ostsudan.“

Der neue Krieg kommt, während Friedensverhandlungen für Darfur auf der Stelle treten und auch im Südsudan die Spannungen innerhalb der SPLA zunehmen. Sudans Zentralregierung wiederum unterzeichnete am Wochenende in Ägypten ein Abkommen mit der arabischen unbewaffneten Opposition des Landes, das diese in die Erarbeitung einer neuen Verfassung einbindet. Der zivile Oppositionsdachverband NDA (Nationale Demokratische Allianz) hat sein Hauptquartier ebenfalls in Eritrea. DOMINIC JOHNSON