E-Mail von N.

Wie die junge Tennisspielerin Anna-Lena Grönefeld zur Doppelpartnerin von Martina Navratilova wurde

WIMBLEDON taz ■ Nanu, was ist das denn, dachte Anna-Lena Grönefeld bei Durchsicht ihrer E-Mails. Den Absender kannte sie nicht, und verdächtige Post öffnet man ja nicht so gern, könnten ja Würmer drin sein oder Viren. Sie tat es dennoch und las: Hast du Lust, mit mir Doppel zu spielen? Beste Grüße, Martina N. Martina N? Grönefeld fragte ihren Coach in der Akademie in Arizona, den Spanier Rafael Font de Mora, ob dahinter tatsächlich die berühmte Navratilova steckten könnte. Der Trainer bestätigte, und sie dachte: Wow. Wie man sich halt so fühlt, wenn man selbst erst am Anfang steht und einem ein Antrag der erfolgreichsten Spielerin ins Haus flattert, die die Welt des Tennis je gesehen hat. Dekoriert mit 58 Grand-Slam-Titeln – 18 im Einzel, 31 im Doppel, neun im Mixed.

Grönefelds Bilanz liest sich ein wenig bescheidener: Runde drei bei den Australien Open in diesem Jahr als bisher bester Erfolg bei einem Turnier der Großen vier, in der Weltrangliste ist sie die Nummer 42, mit guter, aber keinesfalls überragender Tendenz.

Wie Martina Navratilova auf die Idee gekommen ist, bei der jungen Deutschen vorstellig zu werden? Nun, die Nationalität habe jedenfalls keine Rolle gespielt, sagt sie, eher die Tatsache, dass sie glaube, Grönefeld bringe eine ausgeprägte Bereitschaft zum Lernen mit, und deren Fähigkeit, sie mit harten Schlägen von der Grundlinie am Netz in eine gute Position zu bringen. Navratilovas Coach kennt Font de Mora, die Herren tauschten Erkenntnisse aus, und so wurde aus der Idee Realität.

Wie gut so eine Verbindung zwischen alt und jung funktionieren kann, ist ja bekannt. Nachdem sie 2002, acht Jahre nach dem ersten Ende ihrer Karriere, als Doppelspielerin zum Tennis zurückgekehrt war, hatte Navratilova bald danach allein fünf Turniere mit der damals 17 Jahre alten Russin Swetlana Kusnezowa gewonnen, doch diese Partnerschaft hatte nur rund anderthalb Jahre Bestand. Den ersten gemeinsamen Versuch gönnten sie Navratilova und Grönefeld Anfang 2005 bei einem Turnier in Hyderabad, Indien, einen zweiten in Charleston, USA, und einen vor ein paar Wochen in s’Hertogenbosch, allerdings mit eher durchwachsenem Erfolg.

Besser klappt es bisher in Wimbledon. Beim Sieg in Runde zwei erntete Grönefeld jedenfalls mehrfach Lob, und als es vorbei war, deutete Navratilova auf die Partnerin und hob anerkennend den Daumen. Das geht runter wie Öl. Da sei natürlich am Anfang jede Menge Respekt da gewesen, sagt Grönefeld, und ganz werde sie diesen Respekt sicher nie ablegen – „aber er wird kleiner“.

Dabei ist Wimbledon ja ausgerechnet jener Ort, an dem sie dem Namen und den Bildern der berühmten Partnerin an jeder Ecke begegnet. Die steht mit 20 Titeln gemeinsam mit Billie Jean King an der Spitze der Liste der erfolgreichsten Spielerinnen in der Geschichte der All England Championships, und mit Titel Nummer 21 hätte sie auch diesen Rekord geknackt.

Aber bis dahin ist schon noch einiges zu tun. Am gestrigen Montag (Spiel war bei Redaktionsschluss noch nicht beendet) ging es erst mal um den Einzug ins Viertelfinale, und bis zum möglichen Spiel um den großen Titel am letzten Tag des Turniers sind noch ein paar Punkte zu machen. Am besten vorbereitet von Anna-Lena Grönefeld, 20, mit einem satten Schuss von der Grundlinie. Und abgeschlossen von Martina Navratilova, 48, mit einem knackigen Volley.

DORIS HENKEL