: Ein Mann, der’s kann
MARCKS-HAUS Das Bildhauermuseum hat einen neuen Direktor: Das Profil des Hauses prägt der unkonventionelle Kurator Arie Hartog schon seit 13 Jahren entscheidend mit
VON HENNING BLEYL
Arie Hartog wird neuer Direktor des Gerhard Marcks-Hauses. Das gab der Vorstand der Marcks-Stiftung gestern bekannt. Hartog setzte sich damit gegen zwei externe Mitbewerberinnen durch und tritt die Nachfolge von Jürgen Fitschen an, der nach neunjähriger Amtszeit nach Schloss Gottorf als Leiter der schleswig-holsteinischen Landesmuseen wechselt.
Der aus den Niederlanden stammende Hartog, der seit 13 Jahren als wissenschaftlicher Kurator im Marcks-Haus arbeitet, gilt schon lange als kreativer Kopf des Bildhauermuseums. Er ist für zahlreiche unkonventionelle Ausstellungen und konzeptionelle Ansätze verantwortlich, die, wie in „Für Deutsche unnachahmlich“, ideologische Muster hinter der Kunst thematisieren. Zudem gilt Hartog – spätestens seit dem Tod der früheren Direktorin Martina Rudloff – als weltweit bester Marcks-Kenner überhaupt. Unter anderem erstellte er die Werkausgabe des 12.000 Blätter umfassenden zeichnerischen Oeuvres Marcks’.
Über den inhaltlichen Fokus des Museums hinaus hat sich der 46 Jahre alte Hartog immer wieder in das städtische Gesamtgeschehen eingebracht: Anlässlich der Bremer Kulturhauptstadt-Bewerbung initiierte er das „Raummuseum“: ein örtlich wechselndes Kunstgebilde mit dem Bahnhofsvorplatz als erstem, voll begehbarem Exponat. Auch außerhalb Bremens hat sich Hartog als Kurator einen Namen gemacht, etwa mit einer Ausstellung in Berchtesgaden über die Bedeutung des Obersalzbergs für Marcks, wo er in unmittelbarer Nachbarschaft des später als alpine „Führer“-Residenz bekannt gewordenen Berghofes arbeitete.
Zu seinen Verdiensten zählt auch die Vereinbarung mit der Familie des Bildhauers Waldemar Grzimek, dessen Nachlass ins Marcks-Haus kam: Drei Jahre ist das her – und der Bildhauer der deutschen Teilung drohte damals in Vergessenheit zu geraten. Mittlerweile messen Kunstmarkt und Feuilleton dem Oeuvre wieder mehr Aufmerksamkeit bei. Gewonnen hat dabei auch das Museum – denn die Spannung zwischen Marcks’ olympischen und Grzimeks kantig-expressiven Formen belebt jede Ausstellung. Und die Stadt: In den Wall-Anlagen soll bald ein Nachguss seines Heine-Denkmals thronen, das zum Bruch des Künstlers mit dem DDR-Regime wesentlich beitrug.
Hartog übernimmt ein Museum, das derzeit wegen Umbaumaßnahmen geschlossen ist: Bis zur Wiedereröffnung am 22. November wird unter anderem die 40 Jahre alte Heizungsanlage erneuert, die nicht nur unter Gesichtspunkten des Umweltschutzes untragbar geworden war. Aus konservatorischen Gründen wird auch die Klimatisierung des Gesamthauses für insgesamt 350.000 Euro erneuert.
Es ist bereits die dritte Bauphase innerhalb weniger Jahre: Nach der Neugestaltung der Freiflächen und des Ausstellungspavillons, einer ehemaligen öffentlichen Bedürfnisanstalt, benötigte das Dach eine Asbestsanierung, die Ausstellungsräume eine Licht- und Verdunkelungsanlage.
Dank dieser erledigten „Hausaufgaben“ – zu denen auch der zumindest bis auf weiteres geregelte langwierige Rechtsstreit mit der Stadt wegen der Stiftungsfinanzen zählt – kann sich Hartog voll auf die inhaltliche Arbeit stürzen. Schon die Wiedereröffnung im Herbst wartet mit einer Doppelausstellung auf: Neben einer Schau über die Metamorphosen des Daphne-Mythos würdigt das Marcks-Haus den 100. Geburtstag von Gerhard Schreiter, dessen Nachlass seit zwei Jahren ebenfalls im Besitz des Museums ist.